HP COMPACT  | im Oktober 2011  |
Marc-André Delp, M.L.E., Rechtsanwalt in Hannover |

Im Zuge der internationalen Globalisierung beliefert heute praktisch jedes Unternehmen Kunden im Ausland. Die Durchsetzung von berechtigten Forderungen im Ausland wird oft als problematisch angesehen. Das hängt mit vielfältigen Gründen zusammen. Hierzu gehören Sprachschwierigkeiten, unterschiedliche Umgebungsbedingungen und Mentalitäten, nicht vergleichbare Verfahrensordnungen sowie im Streitfalle die Beauftragung eines unbekannten Rechtsanwaltes. Aus diesen Gründen schrecken Unternehmen häufig davor zurück, ihre Forderungen im Ausland durchzusetzen. Die Folge sind Forderungsausfälle in beträchtlicher Höhe, die die Liquidität eines Unternehmens nachhaltig beeinträchtigen können.

Gerade im Auslandsgeschäft ist die Prävention entscheidend. Diese erfolgt durch internes Forderungsmanagement und eine entsprechende Vertragsgestaltung.

 

Vertragsgestaltung bei Auslandskunden

Vertragssprache

In einem Vertrag können die Parteien die Vertragssprache frei bestimmen. Idealerweise lässt sich die eigene Sprache als Vertragssprache bestimmen. Sollte sich diese Sprache jedoch nicht durchsetzen lassen, so ist der Vertrag von fachkundiger Stelle zu übersetzen. Eine bloße einfache Übersetzung, ggf. auch mit Internetsuchmaschinen, ist nicht zu empfehlen. Ansonsten lauert die Gefahr von falschen Interpretationen und Bedeutungen sowie Missverständnissen. Auch ist die Übertragung juristischer Fachbegriffe äußert schwierig. Sollte es sich um einen zweisprachigen Vertrag handeln, so ist zwingend die „führende Vertragssprache“ zu bestimmen. Bei sprachlichen Auslegungsproblemen ist damit festgelegt, welche Sprachfassung vorgeht.

 

Möglichkeiten der Rechtswahl

Für den Fall eines Rechtsstreits haben die Parteien die Möglichkeit, im Vorfeld die Rechtsordnung zu wählen, die im Streitfalle angewendet werden soll. Ohne eine derartige Vereinbarung wird das anwendbare Recht durch die Auslegung der Vorschriften des internationalen Privatrechts ermittelt.  Das wichtigste Recht für den internationalen Warenkauf ist das UN-Kaufrecht. Es handelt sich um ein einheitliches, internationales, weltweit akzeptiertes und neutrales Recht. Der größte Teil des Exportgeschäfts wird heute mit Vertragsstaaten des UN-Kaufrechts abgewickelt (derzeit 76 Länder).  Im Exportbereich ist die Anwendung des UN-Kaufrechts zu empfehlen, weil beispielsweise gegenüber dem deutschen BGB die Haftung des Verkäufers weiter eingeschränkt werden kann.  UN-Kaufrecht findet zwischen den Vertragsparteien im internationalen Handel im Kaufrecht automatisch Anwendung, da das UN-Kaufrecht ist in das nationale Recht implementiert ist. Der Zusatz „Es gilt deutsches Recht“ bedeutet, dass UN-Kaufrecht als lex spezialis dem BGB und dem HGB dadurch vorgeht. Hinsichtlich der Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts muss dieses, wenn es die Vertragsparteien wünschen, ausdrücklich ausgeschlossen werden. Eine Formulierungsmöglichkeit dabei wäre: „Es gilt deutsches Recht unter Ausschluss des UN-Kaufrechts.“ Der Ausschluss sollte jedoch genau bedacht werden.

Internationale Schiedsgerichtsbarkeit

Für bestimmte Verträge und Streitwerte ist die Vereinbarung eines Schiedsgerichts zu empfehlen. Die Parteien sollten hierbei das Schiedsgericht genau bestimmen, sowie die Verfahrensordnung und die Anzahl der Richter benennen. Auch ist der Schiedsort festzulegen, genauso wie die Sprache des Schiedsverfahrens. Hierbei ist darauf zu achten, dass sämtliche Dokumente in die gewählte Schiedssprache zu übersetzen sind. Internationale Schiedsurteile sind in der Regel leichter in fremden Ländern durchzusetzen als nationale zivilrechtliche Urteile. Die Durchsetzbarkeit richtet sich nach dem im New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche und ist seit dem 07. Juni 1959 in Kraft. Dieses Übereinkommen regelt die weltweite Durchsetzung von Schiedssprüchen eines Staates im Gebiet eines anderen Staates.

 

Gerichtsstandsvereinbarung

Der Gerichtsstand ist der Ort, an dem bei gerichtlicher Auseinandersetzung Klage erhoben werden muss. Nach den grundsätzlichen Regelungen der deutschen Zivilprozessordnung sowie der europäischen EuGVVO ist der Wohnsitz des Beklagten der Gerichtsstand. Hiervon sind gesetzliche Ausnahmen möglich. Der Verkäufer kann jedoch auch beispielsweise mit einer wirksamen Gerichtsstandsvereinbarung seinen Firmensitz als Gerichtsort benennen. Dies hat den Vorteil, dass man die Abläufe bei Gericht kennt, den Rechtsanwalt des Unternehmens beauftragen und Zeugen ohne große Anreise dem Gericht präsentieren kann. Bei der Vereinbarung eines Gerichtsstandes ist jedoch die Frage der Vollstreckung zu beachten. Wird ein deutscher Titel im Ausland anerkannt und kann im Land des Schuldners vollstreckt werden, dann steht der Gerichtsstandsvereinbarung des heimatlichen Gerichtsstandes nichts entgegen. Sollte eine Anerkennung oder Vollstreckung des deutschen Titels im Ausland jedoch nicht gewährleistet sein, so ist zur Sicherung der Vollstreckbarkeit des erlangten Titels eine Prozessführung im Ausland in Betracht zu ziehen. Für eine vertragliche Gerichtsstandsvereinbarung ist eine Öffnungsklausel zu empfehlen. Mit der Formulierung „Gerichtsstand ist Hannover“ wäre der Kläger ansonsten auf einem Gerichtsstand Hannover festegelegt. Er hat dann keine Möglichkeit, den ausländischen  Schuldner an dessen Sitz zu verklagen. Falls ein deutsches Urteil jedoch im Ausland nicht anerkannt wird, führt die Wahl des Gerichtsstandes Hannover dann dazu, dass der Gläubiger seine Forderung nicht durchsetzen kann. Dies gilt zum Beispiel bei Schuldnern in Russland oder China. Mit einer Formulierung „Gerichtsstand ist nach Wahl des Verkäufers Hannover oder der Sitz des Käufers“ kann der Verkäufer jedoch den Gerichtsstand wählen die Vollstreckungsmöglichkeiten berücksichtigen. Gegebenenfalls verzichtet der Verkäufer auf den heimatlichen Gerichtsstand und legt die Klage am Sitz des Käufers im Ausland ein.

 

Lieferkonditionen

Die Vertragsparteinen sollten die Lieferzeiten und den Lieferumfang eindeutig bestimmen. Dabei sind die Transportwege zu berücksichtigen. Für einen Transport, beispielweise über verschiedene Ländergrenzen hinweg, sollte genügend Zeit eingeplant werden. Ansonsten droht die Gefahr, dass der Verkäufer mit der Warenlieferung in Verzug gerät.

Außerdem sollte hinsichtlich der Lieferkonditionen eine Begrenzung des Verzugsschadens aufgenommen werden. Ansonsten haftet der Verkäufer möglicherweise bei falsch kalkulierten Lieferzeiten für den Ausfall einer Produktion, wenn die zu liefernden Teile für die Produktion benötigt werden.

Auch ist die Verwendung von Incoterms im Transportgeschäft anzuraten. Incoterms sind die einfachen und übersichtlichen Regelungen der Bedingungen der Transportdurchführung, sie regeln sämtliche Fragen rund um die Lieferung von Waren. Seit dem Januar 2011 gelten die Incoterms in der Fassung 2010. Die alten Fassungen gelten jedoch weiter, somit ist für die Anwendung eine Klarstellung nötig, welche Incoterms angewendet werden sollen. Empfohlen wird die Verwendung von Incoterms ohne Ergänzung oder Abänderung der einzelnen Klauseln. Die Incoterms sind so strukturiert, dass sie klare Verpflichtungen für Käufer und Verkäufer aufstellen. Weitere Zusatzvereinbarungen führen möglicherweise dazu, dass die klaren Regelungen aufgeweicht werden. Die Incoterms haben weltweite Akzeptanz, bei einer wirksamen Vereinbarung können umständliche Regelungen im Kaufvertrag erspart werden.

 

Währungsklausel

Die Parteien sollten im Vertrag genau regeln, welche Währung dem Vertrag zugrunde gelegt wird. Ebenfalls mit zu regeln ist, wie sich die Tragung des Währungsrisikos darstellt. Es muss festgelegt werden, wer das Währungsrisiko trägt, ggf. muss es der Verkäufer bei seiner Vertragsgestaltung bzw. Angebotserstellung berücksichtigen oder aber eine gesonderte Währungsabsicherung teffen.

 

Eigentumsvorbehalt

Der Verkäufer sollte sich in den Kaufverträgen einen Eigentumsvorbehalt bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten. Dabei sind einige Besonderheiten zu beachten. Die Vereinbarung eines Eigentumsvorbehalts erstmals auf dem Lieferschein ist nur dann wirksam, wenn der Verkäufer nicht widerspricht. Ein Eigentumsvorbehalt erstmals auf der Rechnung ist hingegen unwirksam. Die Wirksamkeit des Eigentumsvorbehaltes richtet sich unabhängig von getroffenen Rechtswahlklauseln nach dem Recht des Landes, in dem sich die Vorbehaltsware befindet. Dies führt zu Problemen, wenn der deutsche Eigentumsvorbehalt im Exportland nicht anerkannt wird. Grundsätzlich ist eine Art Pfandrecht jedoch in jedem Land bekannt.

Jedoch sollte sich der Verkäufer nicht alleine auf den Eigentumsvorbehalt als dingliches Sicherungsrecht verlassen. Dazu ist dieser nicht ausgelegt und nicht entsprechend durchsetzbar. Mit einem wirksam vereinbarten Eigentumsvorbehalt kann sich jedoch ein Gläubiger im Insolvenzverfahren des Schuldners eine bessere Position verschaffen, weil er mit diesem Sicherungsmittel als bevorrechtigter Gläubiger eingestuft wird und damit nicht zu den ungesicherten Gläubigern zählt, die oftmals ohne Quotenzahlung bleiben.

Der Verkäufer muss eine Forderungen anderweitig absichern mittels Dokumenteninkasso, Vorauskasse oder bestätigte unwiderrufliche Akkreditive. Bei einem derartigen Akkreditiv hat der Exporteur einen direkten Zahlungsanspruch gegen die benannte Bank, die wirtschaftliche Situation des Käufers ist dann nicht mehr relevant. Das Dokumenteninkasso wird im Verhältnis zum Akkreditiv aus Kostengründen eingesetzt, jedoch besteht hier nicht die Sicherheit, dass der Käufer die Dokumente tatsächlich übernimmt und den Kaufpreis bezahlt. Eine Vorauskasse ist die sicherste Lösung, da die Ware zum Zeitpunkt der Lieferung bereits bezahlt ist.

 

Allgemeine Geschäftsbedingungen

Die einzelnen Vertragspunkte lassen sich auch mittels allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) vereinbaren. Im Auslandsgeschäft muss der Verwender besonders auf die Formalien achten: Die AGB müssen dem Vertragspartner in einer Sprache zur Kenntnis gebracht werden, die dieser versteht, sie sollten zumindest in der Korrespondenzsprache Englisch vorgelegt werden. Für die Gültigkeit muss der Kunde die AGB zur Kenntnis genommen haben. Sie dürfen daher nicht erst mit der Rechnung versandt werden, sondern sind zu Beginn der Geschäftsbeziehung einzubeziehen. Aus diesem Grunde ist es ratsam vom Kunden eine schriftliche Bestätigung zu erhalten, dass dieser die AGB anerkennt. Damit erübrigt sich die Prüfung, ob die AGB wirksam in den Vertrag einbezogen worden sind. Auch kann der Kunde nicht den Einwand vorbringen, dass er die AGB nie erhalten hat und auch keine Kenntnis davon hatte.

 

Forderungsmanagement im Unternehmen

Ein funktionierendes Forderungsmanagement im Unternehmen erfordert, dass der Verkäufer seine Kunden kontrolliert. Neue Kunden sollten vor einer ersten Lieferung genauestens überprüft werden. Hierzu sind zuverlässige und gegebenenfalls verschiedene Wirtschaftsauskünfte einzuholen. Das gleiche gilt, wenn auch bei Stammkunden plötzlich Zahlungen stocken. Aufmerksamkeit ist geboten, wenn der Kunde von seinem üblichen Bestellschema abweicht – zum Beispiel einen unüblichen Großauftrag platziert.

Sollte ein Kunde nicht unverzüglich zahlen und die gesetzten Zahlungsziele verstreichen lassen, muss der Verkäufer ihn konsequent mahnen. Dabei er die Mahnstufen und die Anzahl der Mahnungen auf zwei bis drei begrenzen. Bleiben diese erfolglos, empfiehlt sich die Abgabe der Forderungseinziehung an Rechtsanwälte oder Inkassobüros. Ab diesem Zeitpunkt sollte der Verkäufer keine eigenen Schritte mehr unternehmen und keine Verhandlungen mit dem Schuldner mehr führen.

 

Forderungseinzug im In- und Ausland

Bei Zuständigkeit der deutschen Gerichte kann mit Mahn- und Gerichtsverfahren ein Titel vor einem deutschen Gericht gegen einen Schuldner erwirkt werden. Dieser Titel kann dann in der Europäischen Union nach den Regelungen nach der EuGVVO vollstreckt werden.

Für in Deutschland titulierte unbestrittene Forderungen (z. B. Versäumnisurteil) kann der Gläubiger bei Gericht eine zusätzliche Bestätigung als europäischer Vollstreckungstitel einholen. Der Titel ist dann im betreffenden EU-Vollstreckungsland nach den nationalen Regelungen vollstreckbar, eine gesonderte Vollstreckbarerklärung ist nicht erforderlich.

Seit 2008 steht nun auch zusätzlich das europäische Mahnverfahren zur Verfügung, dieses ähnelt dem deutschen Mahnverfahren und kann langwierige Gerichtsverfahren im Ausland vermeiden. Das europäische Mahnverfahren wird mit einem standardisierten Antrag auf Erlass einen europäischen Zahlungsbefehls eingeleitet.

Geringfügige Forderungen bis zu einem Streitwert von 2.000 EUR kann der Gläubiger seit Januar 2009 auch im Wege eines verkürzten Gerichtsverfahrens titulieren lassen. Das Verfahren steht für grenzüberschreitende Rechtssachen zur Verfügung, zumindest eine der Parteien muss ihren Sitz in einem anderen Mitgliedstaat haben. Auch dieses Verfahren ist standardisiert mit Formblättern einzuleiten.

Außerhalb des Gebietes der Europäischen Union können auch Klageverfahren vor Ort im Land des Schuldners zur Titulierung der Gläubigerforderung führen.

 

Zusammenfassung

Eine sorgfältige Vertragsgestaltung und die Einhaltung einiger wichtiger Regeln stärkt die Rechtspositionen des Lieferanten ins Ausland bereits im Vorfeld. Ein schnelle und strukturierte Vorgehensweise bei Zahlungsstörungen hilft Ausfälle zu verringen.

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