HP COMPACT | im August 2010 |
Maimiti Cohen-Solal, Avocat (FR), Attorney at Law (New York/USA) in Hannover,
Philipp Neddermeyer, Rechtsanwalt in Hannover|

 

Frankreich ist eines der wichtigsten Zielgebiete wirtschaftlicher Betätigung deutscher Unternehmen im Ausland. So waren im ersten Halbjahr 2010 rund 10 Prozent des gesamten deutschen Exports für den französischen Markt bestimmt. Auch bei den Direktinvestitionen ist Frankreich ein wichtiger Wirtschaftspartner: 15 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen in Frankreich werden durch deutsche Unternehmen getätigt. Die Bedeutung Frankreichs für wirtschaftliche Betätigung deutscher Unternehmen erklärt sich zum einen mit der geographischen Lage als unmittelbarerer Nachbarstaat. Zum anderen sind es im geschäftlichen Bereich aber auch eine Reihe vergleichbarer Abläufe und Strukturen, die das Geschäftsrisiko für deutsche Unternehmen in Frankreich kalkulierbar machen.

 

Rechtliche Rahmenbedingungen

So restriktiv die französischen Vorschriften für ausländische Investitionen in den Bereichen der Energie- oder Automobilwirtschaft sind, so günstig sind die Bedingungen insbesondere für ausländische kleinere und mittelständische Unternehmen in vielen anderen Bereichen. Nicht umsonst verfügen 23.000 ausländische Untenehmen über einen Standort in Frankreich. Und im Gegensatz zu vielen anderen Ländern gelten für französische und ausländische Unternehmen identische Vorschriften, Rechte und Anforderungen. Investoren können Immobiliengüter erwerben oder mieten, Unternehmen nach französischem Recht aufkaufen oder ihre eigene Rechtsstruktur schaffen. Die Fristen zur Unternehmensgründung in Frankreich gehören zu den kürzesten weltweit.

 

Rechtsformen für Unternehmen

Wie in vielen anderen Ländern auch ist die Eröffnung einer bloßen Repräsentanz oder einer unselbstständigen Betriebsstätte für die Aufnahme einer Geschäftlichkeit oftmals nicht ausreichend. Aus Gründen der wirtschaftlichen Akzeptanz und der rechtlichen Befugnisse ist es häufig ratsam, eine eigenständige Gesellschaft vor Ort zu gründen. Wie in Deutschland steht dem Gründer hierfür eine Vielzahl von Gesellschaftsformen zur Verfügung, geregelt ist das französische Gesellschaftsrecht in dem Code Civil und dem Code de Commerce (vergleichbar mit dem deutschen BGB und HGB). Auch das französische Recht unterscheidet zwischen Kapital- und Personengesellschaften sowie einzelnen Mischformen. Aufgrund der persönlichen Haftungsstruktur eignen sich Personengesellschaften nicht für eine Unternehmensgründung durch ausländische Gesellschaften. Vielmehr kommen Kapitalgesellschaften in Betracht, die bessere Beteiligungsmöglichkeiten vorsehen und bei denen die Gesellschafter gegenüber der Gesellschaft nur begrenzt durch die geleistete Kapitaleinlage haften. Neben der Société à Responsabilité Limitée (S.A.R.L.), die mit der deutschen GmbH vergleichbar ist, gehören hierzu im französischen Recht insbesondere auch die Societé Anonyme (S.A.), vergleichbar mit der deutschen AG sowie die Société par Actions Simplifiée (S.A.S.) als Sonderform der S.A., einer Art vereinfachten AG.

Neben den ebenfalls aus Deutschland bekannten Mischformen aus Personen- und Kapitalgesellschaften können auch in Frankreich die europaweiten Gesellschaftsformen gewählt werden. Wie etwa die Europäische Wirtschaftliche Interessengemeinschaft EWIV, die in Frankreich als Groupements d´Interêt (GIE) bezeichnet wird oder die Societas Europaea (SE). Im Folgenden bleibt die Darstellung jedoch auf die drei wichtigsten Formen französischer Kapitalgesellschaften beschränkt.

 

Société à Responsabilité Limitée (S.A.R.L.)

Die Anzahl möglicher Gesellschafter einer S.A.R.L. ist auf zwei bis einhundert beschränkt. Bei der Gründung ergeben sich zu dem Ablauf nach deutschem Recht keine Unterschiede, vielmehr erhält auch die S.A.R.L: ihre volle Handlungsfähigkeit erst mit Einragung in das Handelsregister.

 

Geschäftsführer

Die S.A.R.L. wird nach Wahl der Gesellschafter durch einen oder mehrere Geschäftsführer vertreten. Geschäftsführer einer S.A.R.L. können Gesellschafter oder Dritte sein, es muss sich jedoch zwingend um eine natürliche Person handeln. Von Gesetztes wegen verfügt jeder Geschäftsführer über Einzelvertretungsmacht und vertritt die Gesellschaft daher selbständig. Beschränkungen der Vertretungsmacht eines Geschäftsführers haben nur Wirkung im Verhältnis zu den Gesellschaftern (Innenverhältnis); Dritten gegenüber (Außenverhältnis) entfalten sie keinerlei Wirkung.

 

Jahresabschluss

Der Jahresabschluss einer S.A.R.L. ist innerhalb eines Zeitraums von 6 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres festzustellen und innerhalb eines weiteren Monats beim Handelsregister zu hinterlegen.

Sobald zwei der folgenden drei Werte – eine Bilanzsumme in Höhe von 1,55 Mio. EUR, ein Nettoumsatz von 3,1 Mio. EUR sowie eine Mitarbeiteranzahl von 50 Beschäftigten – überschritten werden, ist die Gesellschaft verpflichtet, einen Wirtschaftsprüfer zu bestellen.

Sonderform: Entreprise Unipersonelle à Responsabilité Limitée

Als eine Art Sonderform fungiert die Entreprise Unipersonelle à Responsabilité Limitée (EURL), die aus nur einem Gesellschafter besteht. Im Übrigen gelten auch für diese Form die Regeln der S.A.R.L.

 

Société Anonyme (S.A.)

Die S.A. ist in Frankreich weiter verbreitet als die AG in Deutschland. Die Gründung einer solchen Gesellschaft setzt mindestens sieben Gesellschafter voraus. Das Grundkapital der S.A. beträgt im Regelfall mindestens 37.000 Euro, wobei das Kapital für börsennotierte Unternehmen bei mindestens 245.000 Euro liegt.

 

Organe

Im Unterschied zum deutschen Recht sieht das französische Recht zwei Erscheinungsformen der Aktiengesellschaft vor, die klassische und die moderne S.A. Diese unterscheiden sich durch Aufbau und Funktion ihrer Organe.

Die klassische S.A. besteht aus Hauptversammlung und Verwaltungsrat (Conseil d´Administration), während die moderne S.A. mit Hauptversammlung, Aufsichtsrat und Vorstand besetzt ist.

Der Verwaltungsrat übernimmt in der klassischen S.A. eine Doppelfunktion, nämlich die des Vorstands und des Aufsichtsrats. Der Verwaltungsrat ist also gleichzeitig Führungsorgan und Aufsichtsorgan. Er besteht aus mindesten drei und höchstens 18 Mitgliedern, wobei sich die Mitglieder aus den Reihen der Aktionäre rekrutieren. Der Verwaltungsrat wählt aus seiner Mitte einen Präsidenten, der im Geschäftsverkehr als Président Directeur Général (PDG) bezeichnet wird. Der PDG führt allein, eventuelle mit zwei zugeordneten Generaldirektoren, das Geschäft. Der ihm gegenüber weisungsbefugte Verwaltungsrat beschränkt sich in der Regel auf Kontroll- und Genehmigungsfunktionen.

Die moderne S.A., die im Wesentlichen der deutschen Struktur nachempfunden ist, wird durch den Vorstand (Directoire) geleitet und durch den Aufsichtsrat (Conseil de Surveillance) überwacht. In beiden Konstellationen ist zumindest in formaler Hinsicht wichtigstes Organ die Hauptversammlung, die mindestens einmal jährlich einzuberufen ist.

 

Jahrsabschluss

Der Jahresabschluss einer S.A. muss innerhalb von 6 Monaten nach Ende des Geschäftsjahres durch die Hauptversammlung genehmigt werden und innerhalb eines weiteren Monats ins Handelsregister eingereicht werden. Unabhängig von etwaigen Größenwerten muss eine S.A. stets einen Abschlussprüfer benennen, für börsennotierte AGs sind zwei Abschlussprüfer erforderlich.

 

Societée par Actions Simplifiées (S.A.S.)

Eine Besonderheit des französischen Rechts ist die S.A.S. Bei dieser Gesellschaftsform handelt es sich um eine Modifikation der S.A. Sie verfügt über einen weitreichenden Spielraum bezüglich der Satzung und ist weitaus kostengünstiger als die S.A. Ihre Wurzeln hat die S.A.S. in der S.A. (Gründungs-, Löschungs- und Liquidationsregeln sowie Buchungspflichten sind sehr ähnlich), jedoch unterscheidet sie sich in ganz wesentlichen Punkten von der S.A. Ursprünglich ist diese Form durch den französischen Gesetzgeber als vereinfachte Form der Zusammenarbeit zwischen Großunternehmen konzipiert worden, mittlerweile wird diese Rechtsform aber vermehrt auch durch kleine und  mittelständische Unternehmen sowie natürliche Personen genutzt. Sie ist mit inzwischen mehr als 120.000 Gesellschaften die in Frankreich gebräuchlichste Rechtsform.

Seit August 2008 ist darüber hinaus für die Errichtung der S.A.S. kein Mindestkapital mehr erforderlich.

Anders als bei der S.A. kann die S.A.S. nicht öffentlich die Zeichnung von Wertpapieren anbieten, die Aktien der S.A.S. können mithin auch nicht an der Börse gehandelt werden.

 

Satzungsfreiheit

Die Satzung kann bis auf wenige Ausnahmen völlig frei gestaltet werden. Sie muss zumindest in schriftlicher Form niedergelegt sein, eine notarielle Beurkundung ist nicht erforderlich. So können die Gesellschafter etwa frei über die Übertragung von Geschäftsanteilen bestimmen. Denkbar sind hier Zustimmungsvorbehalte oder Vorkaufsrechte von Mitgesellschaftern. Es ist sogar möglich, die Unveräußerbarkeit der Anteile festzulegen, diese Reglung muss allerdings auf 10 Jahre begrenzt werden. gesetzlich ist auch die Einberufung einer Hauptversammlung nicht vorgesehen, so dass Art und Weise der Herbeiführung gemeinsamer Entscheidungen der freien Bestimmbarkeit durch die Gesellschafter unterliegt. Jedoch dürfen bestimmte Satzungsklauseln nur einstimmig getroffen oder abgeändert werden. Eine der wenigen zwingenden Voraussetzungen ist es, dass die Gesellschaft durch einen Vorsitzenden (Président) vertreten wird. Diese Position kann durch eine natürliche, aber auch durch eine juristische Person ausgefüllt werden. Auch der Ablauf seiner Ernennung oder Abberufung muss in der Satzung geregelt werden.

 

Vertretung

Der Vorsitzende hat weitreichende Befugnisse, die Gesellschaft nach außen zu vertreten. Anders als bei dem Vorsitzenden einer S.A. werden die Befugnisse des Vorsitzenden lediglich durch den Gesellschaftsgegenstand begrenzt. So kann dieser z.B. Bürgschaften oder Garantien auf die Güter der Gesellschaft und Immobilien oder Beteiligungen veräußern. Nach außen ist die Gesellschaft selbst verpflichtet, wenn der Vorsitzende außerhalb des Gesellschaftsgegenstands gehandelt hat, es sei denn, es wird von der Gesellschaft bewiesen, dass der betroffene Dritte davon hätte wissen müssen. Nach innen kann die Satzung die Befugnisse des Vorsitzenden begrenzen (z.B. vorherige Zustimmung eines bestimmten Gesellschafters, einer Gesellschaftergruppe, oder eines zu diesem Zwecke gegründeten Gremiums erforderlich). Diese Begrenzungen können jedoch nicht Dritten entgegengehalten werden.

 

Jahresabschluss

Die Erstellung eines Jahresabschlusses  hat in den gleichen Zeiträumen wie bei der S.A. zu erfolgen. Die Bestellung eines Abschlussprüfers nebst Stellvertreter ist nur dann erforderlich, wenn von den drei Schwellenwerten – Bilanzsumme von 1 Mio. EUR, Nettoumsatz von 2 Mio. EUR und Mitarbeiteranzahl von 20 Beschäftigten – zumindest zwei überschritten werden. Die Ernennung von Rechnungsprüfern ist zudem erforderlich, wenn die betroffene S.A.S. mindestens 5 Prozent des Kapitals und der Stimmrechte einer anderen Gesellschaft hält.

 

Sonderform: Societé par Actions Simplifiée Unipersonelle

Auch bei der S.A.S. gibt es die Sonderform einer Einmann-Gesellschaft. Die Gesellschaft verfügt dann über einen einzigen Aktionär und wird als Societé par Actions Simplifiée Unipersonelle bezeichnet.

 

Fazit

Die Vorteile der weitreichenden Satzungsfreiheit der S.A.S. sind nicht ohne Risiko. Aufgrund fehlender gesetzlicher Korrektive können Fehler bei der Satzungsgestaltung schwer wiegen und den geplanten Geschäftsbetrieb behindern. Insgesamt bleibt aber festzustellen, dass nicht zuletzt auch die Änderungen beim Mindestkapital dazu geführt haben, dass die S.A.S für eine Reihe von Vorhaben eine äußerst geeignete Rechtsform darstellt. Aber auch die französische GmbH besitzt ebenso wie die deutsche GmbH eine Reihe von Vorzügen und auch sie kann in einer Sonderform ohne Mindestkapital gegründet werden. Ohnehin hat der französische Gesetzgeber mit dem Wegfall des Mindestkapitals die französischen Rechtformen gegenüber ausländischen Unternehmensformen wie etwa der englischen Limited gestärkt. Hinzu treten eine Reihe von investitionsfreundlichen Rahmenbedingungen insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen. Zu nennen ist hier etwa der seit vielen Jahren äußerst zügige zeitliche Ablauf der Gründungsverfahren.

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