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Hannover, 09. März 2022  | Ein Recht auf Reduzierung der Miete ist einzelfallabhängig, auf eine Existenzgefährdung des Mieter kommt es nicht an!

Mit den coronabedingten Schließungen von Ladengeschäften hatten sowohl Mieter und Vermieter seit Beginn der Pandemie zu kämpfen. Auch die vielen unterschiedlichen Gerichtsentscheidungen verhinderten eine langersehnte eindeutige Rechtslage. Versuche des Gesetzgebers, wie die vorläufige Kündigungssperre für rückständige Mieten zwischen April bis Juni 2020 oder diverse Gesetzesänderungen, waren nicht zur Lösung des Problems imstande: Was bedeute Störung der Geschäftsgrundlage für den Einzelfall? Knapp zwei Jahre später hat der BGH nun eine klare Grenze gesetzt.

Der BGH hatte in der Sache über die Schließung eines Geschäfts für Textilien und Waren des täglichen Lebens zu entscheiden (Az. XII ZR 8/21). Für die Zeit, in der die Mieterin ihr Geschäfts wegen der Allgemeinverfügung zum Schutz vor Ansteckungen schließen musste, zahlte die Mieterin die Miete nicht und begründete dies mit einer Liquiditätslücke und Umsatzeinbußen.

Zuvor hatte das Landgericht Chemnitz die Mieterin zur vollständigen Zahlung der Miete verurteilt (Urteil vom 26.08.2020 – 4 O 639/20). Es hätte kein Mangel am Mietobjekt vorgelegen noch könnte eine Störung der Geschäftsgrundlage begründet werden, da eine Existenzbedrohung nicht ersichtlich sei.

Darauf entschied das Oberlandesgericht Dresden, dass die Mieterin die Hälfte der Miete schulde (Urteil vom 24.02.2021 – 5 U 1782/20) und begründete die Reduzierung mit einer bestehenden Störung der Geschäftsgrundlage. Eine existenzgefährdende Lage sei hierfür nicht notwendig.

Die unterschiedlichen Rechtsauffassungen wurden auch durch andere Gerichte geteilt: Vereinzelt knüpften die Richter ihre Entscheidungen an eine Existenzbedrohung bzw. Unzumutbarkeit für die Mieterin. Auch nahmen einige Gerichte einen Mietmangel an. Wiederum verneinten die Gerichte sowohl das Vorliegen eines Mietmangels als auch eine Störung der Geschäftsgrundlage.

Eine für die Pandemie typische Geschäftsschließung ist kein Mietmangel im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB, weil kein unmittelbarer Zusammenhang mit der konkreten Beschaffenheit, dem Zustand oder der Lage des Mietobjektes vorliegt. Vermieter und Mieter können weiterhin das Mietobjekt vertragsgemäß nutzen.

Jedoch ist eine Reduzierung der Miete aus der Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 Abs. 1 BGB grundsätzlich denkbar: Nach Auffassung des BGH trägt der Mieter grundsätzlich das Risiko der Verwendung der gemieteten Gewerberäume. Ihm dürfe ein Festhalten am unveränderten Vertrag nicht mehr zugemutet werden, wenn seine Gewinnerwartungen aufgrund von angeordneten Ladenschließungen nicht erfüllt werden können, weil dadurch das gewöhnliche Verwendungsrisiko überstiegen wird. Wirtschaftliche Einbußen des Mieters durch die Schließungen entstammen keiner der Risikosphären der Vertragsparteien, sondern sind dem allgemeinen Lebensrisiko zugrunde zu legen. Daher sind im Einzelfall die gegenseitigen Interessen abzuwägen.

Der BGH verlangt auf Seiten der Mietpartei die Prüfung von:

  • Regelungen im Mietvertrag
  • Wirtschaftlichen Verhältnissen
  • Konkreten Nachteilen und zu welcher Dauer / Intensität
  • Umsatzrückgang des konkreten Ladengeschäfts (nicht des Unternehmens!)

Zu Gunsten des Vermieters ist entscheidend:

  • Anrechnung von Änderungen des Geschäftsmodells (Außerhausverkauf, Online-Versandhandel, Verkleinerung des Geschäfts, Hygienemaßnahmen)
  • Einstandspflicht einer Betriebsunterbrechungsversicherung des Mieters
  • Staatliche Unterstützungsmaßnahmen, soweit dies Zuschüsse sind (keine Darlehen ohne endgültige Kompensation)
  • Wirtschaftliche Interessen des Vermieters

Es sind somit die konkreten Umstände des Einzelfalls abzuwägen statt einer Pauschalentscheidung. Für die Frage, ob und inwieweit die Miete zu reduzieren sein dürfte, sind die Branche, Lage des Mietobjektes, das Produktportfolio und Geschäftsmodell entscheidend. Eine Existenzbedrohung auf Seiten des Mieters ist nach BGH-Auffassung allerdings nicht erforderlich.

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