Hannover, 27.05.2021 | Zum Beginn dieses Jahres 2020 ist das neue Investitionsgesetz für China in Kraft getreten, das Foreign Investment Law (FIL 2020). Hintergrund für die aktuelle Entwicklung ist die zunehmende Wettbewerbslage zwischen China und anderen Wirtschaftsmächten in der Welt – China ist sich darüber im Klaren, dass es nur mit einer rechtsstaatlichen und zuverlässigen Ordnung einen attraktiven Rahmen für ausländische Investitionen bieten kann. Das Foreign Investment Law 2020 folgt dem Weg Chinas in eine wirtschaftliche Öffnung, der mit der WTO Mitgliedschaft eingeleitet worden war. Auch bilaterale Handelsabkommen mit den USA und anderen Ländern tragen die Entwicklung mit, das Handelsabkommen mit der Europäischen Union befindet sich noch in Verhandlungen.

Das Auslandsinvestitionsgesetz in China

Ulrich Herfurth
Rechtsanwalt in Hannover und Brüssel

Anlass für das neue Investitionsrecht

Das neue Investitionsrecht setzt daher auf eine weitere Investitionsfreiheit ausländischer Unternehmen in China. Dies versteht sich vor dem historischen Hintergrund, bei dem vor wenigen Jahrzehnten ausländische Investitionen ausschließlich in der Form des Joint Venture möglich waren –  und zwar mit erheblichen Restriktionen, etwa der Mehrheitsbeteiligung durch einen chinesischen Partner, Technologietransfer, weitere Verpflichtungen zu Investitionen und anderes. Investitionen und die Gründung von Unternehmen waren nur zulässig mit staatlicher Genehmigung aufgrund eines Businessplans, der Eigenkapitalanforderungen setzte und Mindestinvestitionen vorsah. Die Genehmigungsverfahren waren teilweise umfangreich und erforderten häufig bis zu sechs Monaten Bearbeitungszeit oder länger. Auch waren die Abläufe in den Behörden teilweise intransparent und nicht immer konform mit den staatlichen Vorgaben.

Als Unternehmensformen standen privatwirtschaftliche aber auch staatlich geprägte Formen zur Verfügung, aber überschnitten sich mit den Anforderungen aus dem Investitionsrecht.

Als weitere Schwierigkeit für Investitionen in China sahen viele Unternehmen die kritische Lage zu geistigem Eigentum, insbesondere einen mangelnden Schutz bei Verletzungen von Patenten, Urheberrecht, Marken und anderen Schutzrechten.

Ein weiteres Hindernis für Investitionen wurde in den beschränkten Möglichkeiten zu Erwerb und Nutzung von geschäftlichen Immobilien gesehen.

Eine bedeutende Rolle spielt der Investitionskatalog, der sich nicht zuletzt an den Fünfjahresplänen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes orientiert. Darin werden die möglichen Investitionen in erlaubt, erwünscht und verboten klassifiziert. In jedem Fall benötigte der Investor eine Genehmigung; für die erlaubten Investitionen galt der Katalog bereits als generelle Genehmigung, ohne dass noch eine Einzelgenehmigung eingeholt werden musste. Die Neuerungen in der chinesischen Entwicklung wurden häufig in Sonderwirtschaftszonen getestet, etwa in Shenzhen oder in Shanghai Pudong.

Das neue Investitionsrecht

Mit dem neuen Investitionsrecht sind nun die Investitionsschritte verschlankt. Im Grundsatz sind nun Unternehmen mit ausländischer Beteiligung chinesischen Unternehmen gleichgestellt, Ausnahmen bestehen lediglich für bestimmte Bereiche. Die Negativliste ist dabei auf weniger als 40 Bereiche reduziert worden. Ausländische Unternehmen sollen den gleichen Zugang zu Ausschreibungen haben, wie chinesische Unternehmen. Eine entschädigungslose Enteignung von Beteiligungen ist nach dem Investitionsgesetz verboten. Falls allerdings ein ausländisches Unternehmen in einem verbotenen Bereich ohne besondere Genehmigung tätig ist, kann der chinesische Staat die Beteiligung und die laufenden Gewinne aus diesem Engagement einziehen.

Das Foreign Investment Law richtet sich nun auch explizit an Behörden und deren Verwaltungsverfahren. Es betont ausdrücklich, dass lokale Behörden an das Gesetz gebunden sind und das einmal getroffene behördliche Entscheidungen und Zusagen nicht von einem Amtsnachfolger ohne Rechtsgrund zurückgenommen werden dürfen. Das Gesetz stellt auch klar, dass Amtsträger Geschäftsgeheimnisse, die ihnen im Rahmen ihrer Amtstätigkeit anvertraut wurden, nicht weitergeben dürfen, sondern weiter vertraulich und geheim behandeln müssen.

Gesellschaftsrecht

Eine weitere wesentliche Veränderung liegt in der Straffung des Gesellschaftsrechts: die bisherigen Formen als Equity Joint Venture (EJV), Cooperative Joint Venture (CJV) und Wholly Foreign Enterprise (WFOE) sind abgeschafft. Stattdessen gibt es nur noch die normale Rechtsform der Corporation, also als GmbH beziehungsweise Limited, oder die Form der Personengesellschaft als Partnership. Damit sind die bisherigen Überlagerungen von Vorschriften beseitigt. Die Regelungen zur WFOE sind im Prinzip unverändert und entsprechen dem Gesetz vom Stand von 2018.

Joint Ventures müssen innerhalb von fünf Jahren auf die neue Struktur umgestellt werden. Dazu gehört unter anderem, dass nicht mehr das Board of Directors die Kontrolle über die Gesellschaft hat, sondern die Shareholder das höchste Organ darstellen (Board of Shareholders).

Für die Gründung einer Gesellschaft ist das Verfahren ebenfalls verschlankt worden. Das Unternehmen benötigt keine Business Lizence mehr, insofern entfällt auch die Verpflichtung zur Vorlage und Genehmigung des Business Plans. Die Genehmigung durch lokale Wirtschaftsbehörden entfällt. Die bisherigen Anforderungen an Eigenkapitalquoten in Bezug auf die Gesamtinvestition und die Quote der Bareinlage ist ebenfalls nicht mehr zwingend vorausgesetzt. Mit diesem vereinfachten Verfahren knüpft China an die Erfahrungen aus den Tests in den Sonderwirtschaftszonen an, in denen verschiedentlich bereits erleichterte Verfahren zur Geschäftserlaubnis und zu vereinfachten und beschleunigten Registrierungsverfahren bestanden.

Geistiges Eigentum

Beim Schutz des geistigen Eigentums steht im Vordergrund, dass die häufig verlangten Verpflichtungen zum Technologietransfer bei Investitionen entfallen sind. Das Investitionsgesetz hebt noch einmal hervor, dass der Schutz von geistigem Eigentum durch technische Schutzrechte (Patente, Gebrauchsmuster, Designschutz), durch Urheberrecht und Markenrecht jedenfalls gewährleistet sein soll und internationalen Standards entsprechen soll.  Allerdings hat das FIL  inhaltlich keine wesentlichen Änderungen formuliert, will aber teilweise wirkungsvollere Sanktionen bei Verletzungen einführen, insbesondere Strafschadenersatz, weil die bisherigen Maßstäbe für Schadenersatz mit nahezu nur den üblichen Lizenzgebühren zu niedrig angesetzt waren. Auch sieht es eine Verbesserung des Rechtsschutzes vor Gericht vor. Auch in diesem Zusammenhang betont das Investitionsgesetz nochmals den Schutz von Geschäftsgeheimnissen auch gegenüber Behörden.

Immobilien

Bei Immobilien ist der Erwerb von Eigentum durch Ausländer nach wie vor beschränkt. Produktionsflächen werden in der Regel weiterhin über Erbpacht zur Nutzung überlassen. Wenn aber Eigentum erworben werden durfte, steht es unter Enteignungsschutz und darf kann nicht ohne Entschädigung enteignet werden.

Gesamtbild zum Investitionsrecht

Im Ergebnis formuliert das FIL Fortschritte für ausländische Investitionen. Die wesentlichen sind die Gleichstellung mit chinesischen Unternehmen, die Vereinfachung des Unternehmensrechts, Zugang zu chinesischen Ausschreibungen, Kürzung der Negativliste aus dem Investitionskatalog, im Grundsatz mehr Rechtssicherheit und der Verzicht auf den Zwang zu Technologietransfer.

Das Investitionsgesetz wird aber auch kritisiert, insbesondere weil weiterhin Negativlisten für Investitionen bestehen.

Der Gesetzestext sei wenig konkret, er gewährt Unternehmen keine konkreten Anspruchsgrundlagen und formuliert keine klaren Regeln zur Umsetzung der Ansprüche. Das Gesetz stellt eher eine politische Erklärung dar.

Die betroffenen Unternehmen sehen im Bereich des IP-Schutzes keine wesentliche Verbesserung.

Als politisches Risiko wird gesehen, dass das Gesetz den Grundsatz der Reziprozität nochmals zum Ausdruck bringt: Das bedeutet nicht nur einen positiven Effekt durch die Zugangsmöglichkeit ausländischer Unternehmen in China, sondern auch umgekehrt im Fall einer Benachteiligung chinesischer Unternehmen im Ausland zulässige Gegenmaßnahmen durch China.

Kürzung der Negativliste für Investitionen in 2019

Noch in 2019 und damit zur Einführung des FIL hatte China die Negativliste um einige Positionen gekürzt:

Bergbau

Aufhebung der Beschränkung, dass die Exploration und Erschließung von Erdöl und Erdgas auf Equity Joint Ventures und Cooperative Joint Ventures beschränkt ist. Eine WFOE darf sich nun an solchen Geschäften beteiligen.

Abschaffung des Verbots für ausländische Investoren, in die Exploration und den Abbau von Molybdän, Zinn, Antimon und Fluorit zu investieren.

Produktion

Abschaffung des Verbots für ausländische Investoren, in die Produktion von Xuan-Papier und Tintenstiften zu investieren.

Produktion und Versorgung mit Elektrizität, Heizung, Gas und Wasser

Abschaffung der Beschränkung, dass der Bau und Betrieb von Gas-, Heizungs- und Wasserversorgungs- und Abflussrohrnetzen für eine Stadt mit mehr als 500.000 Einwohnern von der chinesischen Partei kontrolliert werden muss. Ausländische Investoren dürfen nun Mehrheitsbeteiligungen an solchen Unternehmen halten.

Transport, Lagerhaltung und Postdienste

Abschaffung der Beschränkung, dass inländische Schifffahrtsagenturen von der chinesischen Partei kontrolliert werden müssen. Ausländische Investoren können nun die Mehrheitsbeteiligung an solchen Geschäften halten.

Informationsübertragung, Software und informationstechnologische Dienstleistungen

Abschaffung der Beschränkung für ausländische Investitionen in inländische Mehrparteien-Kommunikations-, Store-and-Forward- und Call-Center-Geschäfte.

Wasserwirtschaft, Umwelt und Management öffentlicher Einrichtungen

Abschaffung des Verbots für ausländische Investoren, in die Entwicklung von Wildtier- und Pflanzenressourcen zu investieren, die aus China stammen und dort geschützt sind.

Kultur, Sport und Unterhaltung

Abschaffung der Einschränkung, dass der Bau und Betrieb von Kinos von der chinesischen Partei kontrolliert werden muss. Ausländische Investoren dürfen nun die Mehrheitsbeteiligung an solchen Unternehmen halten.

Abschaffung der Beschränkung, dass Aufführungsagenturen von der chinesischen Partei kontrolliert werden müssen. Ausländische Investoren können nun die Mehrheitsbeteiligung halten.

Freihandelszonen

Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Tierhaltung und Fischerei

Abschaffung der Regelung, dass es ausländischen Investoren verboten ist, in Fischerei in Chinas Territorial- und Binnengewässern zu investieren.

Produktion

Abschaffung der Einschränkung, dass der Druck von Publikationen von der chinesischen Partei kontrolliert werden muss. Ausländische Investoren dürfen nun die Mehrheitsbeteiligungen an solchen Unternehmen halten.

+++

Sprechen Sie uns an!

Tel: +49 511-30756-0
Oder schreiben Sie uns:

    * Pflichtfeld

    Ich erkläre mich mit der Übertragung meiner Daten über ein gesichertes Formular einverstanden.*