HP COMPACT  |  im Oktober 2011  |
Cord Meyer, Rechtsanwalt, Bankkaufmann, Hannover |

 

Die Gesellschaft mit beschränkter Haftung Sociedade Limitada (Limitada) wird überwiegend von ausländischen Investoren für ihre unternehmerischen Tätigkeiten in Brasilien gewählt. Im Vergleich zu einer Aktiengesellschaft (Sociedade Anõnima) ist die Verwaltung einer Limitada einfacher geregelt. Dennoch ermöglicht eine Limitada, die Haftung der Gesellschafter auf das eingezahlte Kapital zu begrenzen. Die Limitada ist im Zivilgesetzbuch (Código Civil von 10. Januar 2002) geregelt und zeichnet sich unter anderem durch einen verstärkten Schutz der Minderheitsgesellschafter aus. Sie entspricht grundsätzlich der deutschen GmbH. Einige Besonderheiten sollten jedoch beachtet werden.

 

Gründung der Limitada

Die Gesellschafter einer Limitada können unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit natürliche sowie juristische Personen sein (bis auf wenige Ausnahmen). Für die Gründung reicht ein privater Gesellschaftsvertrag aus. Soll die Limitada als Handelsgesellschaft (Sociedade Comercial) betrieben werden, ist sie im Handelsregister (Registro Público de Empresas Mercantis – RPEM) bei der zuständigen Landesbehörde (Junta Comercial) einzutragen. Bei der Eintragung erhält die Gesellschaft ihre Eintragungsnummer (Número de Inscrição no Registro de Empresas– NIRE)und erwirbt eine eigene Rechtspersönlichkeit.

Ausländische Gesellschafter müssen sich außerdem im brasilianischen Steuerregister( Cadastro Nacional de Pessoas Jurídicas – CNPJ (juristische Personen) bzw. Cadastro de Pessoas Físicas – CPF (natürliche Personen) eintragen. Ferner benötigen sie sowohl einen Zustellungsbevollmächtigten zur Entgegennahme von Klagen, als auch einen Bevollmächtigten mit Spezialbefugnissen gegenüber den Steuerbehörden. Die Bevollmächtigten müssen natürliche Personen mit Wohnsitz in Brasilien sein.

 

Der Gesellschaftsvertrag

Der Gesellschaftsvertrag ist in portugiesischer Sprache zu verfassen und muss folgende Mindestangaben enthalten:

  • Name, Staatsangehörigkeit, Familienstand, Beruf und Wohnsitz sämtlicher natürlicher Personen, die Gesellschafter sind;
  • Firmenname, Staatsangehörigkeit der Gesellschafter und Sitz der Gesellschafter sämtlicher juristischer Personen, die Gesellschafter sind;
  • Firmenname, Geschäftsgegenstand bzw. –Zweck, Sitz und Dauer der Gesellschaft;
  • Betrag des Gesellschaftskapitals;
  • Anteil des einzelnen Gesellschafters am Kapital und Art der Aufbringung;
  • Namen der Mitglieder der Geschäftsführung sowie deren Befugnisse und Zuständigkeiten;
  • Regelungen zur Gewinn- und Verlustverteilung;
  • Ausgestaltung der Haftung der Geschäftsführer;

Besonderes Augenmerk ist auf die Darstellung des Gesellschaftszwecks zu legen, da die Gesellschaft über Geschäftsräume verfügen muss, in denen dieser Zweck auch verfolgt werden kann. Eine klare und detaillierte Darstellung der gesellschaftlichen Aktivitäten dient dazu, den Umfang der Vertretungsbefugnisse des Geschäftsführers zu beschränken. Zur Änderung des Geschäftsgegenstandes bzw. -zwecks der Gesellschaft bedarf es einer entsprechenden Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung.

 

Die Gesellschaftsorgane

Die Gesellschaftsorgane sind die Geschäftsführung (Administração), die Gesellschafterversammlung (Assembleia bzw. Reunião de Sócios) und der fakultative Prüfungsausschuss (Conselho Fiscal).

 

Die Geschäftsführung

Der Administração obliegt die Führung der Limitada innerhalb des im Gesellschaftsvertrag festgelegten Rahmens. Sie kann von einem, von einigen oder aber auch von allen Gesellschaftern oder gänzlich von hierzu eigens bestellten Dritten vorgenommen werden. Ihre Bestellung erfolgt durch Bestimmung im Gesellschaftsvertrag oder mittels Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung. Solange das Kapital nicht vollständig eingezahlt ist, erfordert die Beschlussfassung eine einstimmige Entscheidung. Nach Volleinzahlung sind mindestens 2/3 der Stimmen erforderlich.

Geschäftsführer der Limitada können nur brasilianische Staatsbürger bzw. Ausländer mit einer Daueraufenthaltserlaubnis und Wohnsitz in Brasilien sein. In ihrer Person dürfen keine Bestellungshindernisse, die sich aus dem Zivilgesetzbuch ergeben, vorliegen. Dazu gehören unter anderem Verurteilungen, die der Ausübung öffentlicher Ämter entgegenstehen, Konkursdelikte, Straftaten gegen den Verbraucherschutz, den Wettbewerb oder das staatliche Finanz- bzw. Wirtschaftssystem.

Zudem muss innerhalb von 30 Tagen nach Bestellung der Geschäftsführung die Übernahme der Funktion in das Beschlussbuch der Geschäftsführung (livro de atas da Administração), eingetragen werden, andernfalls bleibt die Bestellung ohne Rechtswirkung. Innerhalb von weiteren 10 Tagen muss der Geschäftsführer im zuständigen Register seine Eintragung beantragen.

 

Die Gesellschafterversammlung

Die Gesellschafterversammlung ist das oberste Beschlussorgan. Bei mehr als 10 Gesellschaftern sind Gesellschafterversammlungen (Assembleia de Sócios) durchzuführen. Diese müssen wenigstens einmal jährlich innerhalb von vier Monaten nach Ende des Geschäftsjahres einberufen werden. Die Einberufung der Gesellschafterversammlung entfällt, soweit alle Gesellschafter dem zustimmen. Besteht die Limitada aus weniger als 10 Gesellschaftern, können die Beschlüsse in Gesellschaftssitzungen (Reunião de Sócios) erfolgen.

Die Gesellschafterversammlung hat unter anderem folgende Befugnisse:

  • Genehmigung des von der Geschäftsführung vorgelegten Jahresabschlusses;
  • Bestellung der Geschäftsführung, soweit dies nicht im Gesellschaftsvertrag festgelegt ist;
  • Regelung der Vergütung und Entlassung der Geschäftsführung;
  • Änderung des Gesellschaftsvertrages;
  • Gründung, Verschmelzung, Auflösung und Liquidation der Gesellschaft;
  • Ernennung und Entlassung der Liquidatoren.

Die Gesellschafterversammlung ist durch die Geschäftsführung einzuberufen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Gesellschafter die Versammlung einberufen. Die Versammlung wird durch ein Versammlungspräsidium und Sekretariat geführt.
Über den Verlauf ist ein Protokoll zu führen, auf dessen beurkundete Abschrift jeder Gesellschafter einen Anspruch hat.

 

Der Prüfungsausschuss

Der Gesellschaftsvertrag kann einen Prüfungsausschuss vorsehen. Er muss sich aus mindestens drei Personen zusammensetzen, die auch Gesellschafter sein können, und über ein Aufenthaltsrecht in Brasilien verfügen. Die Gesellschaftsversammlung wählt die Mitglieder des Prüfungsausschusses. Sie dürfen nicht der Geschäftsführung angehören und dürfen keinen Bestellungshindernissen gemäß des Zivilgesetzbuches unterliegen.

Dem Prüfungsausschuss stehen insbesondere folgende Befugnisse zu:

  • Überprüfung der Bücher;
  • Aufnahme der Feststellungen und Ergebnisse der Überprüfung in das Beschlussbuch des Prüfungsausschuss (livro de atas e pareceres do conselho fiscal);
  • Aufnahme im Beschlussbuch von Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung;
  • Offenlegung von Irrtümern, Betrugsfällen und festgestellten Delikten sowie Vorschlagsrecht zu geeigneten Maßnahme, die solche Fälle künftig verhindern;
  • Einberufung der Gesellschafterversammlung, wenn die Geschäftsführung nicht innerhalb von 30 Tagen nach Ablauf der vertraglichen bzw. gesetzlichen Frist die jährliche Versammlung einberuft;
  • Ausübung aller erforderlichen Handlungen in der Liquidationsphase der Gesellschaft.

 

Das Gesellschaftskapital

Das Gesellschaftskapital einer Limitada ist in Anteile (quotas) aufgeteilt, die verschiedene Beträge aufweisen können. Ein Gesellschafter kann mehrere Anteile halten. Bar- und Sacheinlagen sind zulässig. Kapital, das aus dem Ausland nach Brasilien transferiert wird, ist bei der Zentralbank (Banco Central do Brasil) zu registrieren. Die Registrierung ist zugleich Voraussetzung für eine spätere Rückführung des investierten Kapitals und den Abzug der Erträge aus Brasilien.

Ein Mindestkapital ist für die Limitada gesetzlich nicht vorgeschrieben. Sondervorschriften können allerdings ein Mindestkapital vorschreiben. Es empfiehlt sich, die Gesellschaft zum Zweck der Fremdfinanzierung mit hinreichend Kapital auszustatten. Außerdem kann ein zu niedriges Eigenkapital gemäß der kürzlich eingeführten thin capitalisation rules dazu führen, dass die Abziehbarkeit von Fremdkapitalzinsen beschränkt wird, die von Unternehmen an dessen Gesellschafter zu zahlen sind.

 

Haftung der Gesellschafter und Geschäftsführer

Grundsätzlich haften die Gesellschafter am Gesellschaftskapital nur in Höhe ihrer Anteile. Für nicht vollständig eingebrachtes Kapital haften die Gesellschafter persönlich und gesamtschuldnerisch. Im Fall des Missbrauchs der Haftungsbegrenzung kann es zum Haftungsdurchgriff kommen. Dabei haften die Gesellschafter mit der Limitada für deren Verpflichtungen gemeinsam und unbeschränkt. Besonders in arbeitsrechtlichen Streitfragen wird in Brasilien der Haftungsdurchgriff schnell bejaht.

Geschäftsführer haften bei Verstößen gegen das Gesetz oder den Gesellschaftsvertrag gegenüber der Gesellschaft und Dritten stets unbeschränkt. Insbesondere, wenn es um die nicht ordnungsgemäße Abführung von Steuern und  die Einhaltung von sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen geht, wird die Geschäftsführung von den Behörden in Haftung genommen. Brasilianische Gerichte legen Haftungsbestimmungen häufig zu Lasten der Geschäftsführer aus. Wird der Geschäftsführer in einem Bereich tätig, der dem im Gesellschaftsvertrag beschriebenen Zweck der Gesellschaft fremd ist oder sogar widerspricht, haftet er persönlich.

 

Minderheitsgesellschafter

Die Fassung des 2002 in Kraft getretenen Zivilgesetzbuches hat die Rechte der Minderheitsgesellschafter gestärkt. Danach können Änderungen des Gesellschaftsvertrags bzw. die Fusion, Auflösung oder Beendigung der Liquidation der Gesellschaft nur mit einer Mehrheit von 75 % der Stimmen beschlossen werden. Soweit Änderungen die zwingenden Mindestangaben des Gesellschaftsvertrages betreffen, ist dies nur einstimmig möglich. Zudem steht Minderheitsgesellschaftern, die zusammen 25% des Kapitals halten, ein Sitz im Prüfungsausschuss zu.

 

Einzelunternehmerschaft mit beschränkter Haftung (Empresa Individual de Responsabilidade Limitada – EIRELI)

Mit der Änderung des Zivilgesetzbuches im Juli 2011 durch das Gesetz Nr. 12.441 wird es ab 2012 möglich sein, dass ein Einzelunternehmer, der bislang unbeschränkt für im Rahmen seiner kaufmännisch eingegangenen Verbindlichkeiten haftet, diese Haftung auf einen Betrag von min. etwa R$ 62.000 (EUR 25.600) beschränken kann. Der Haftungsbetrag ergibt sich aus dem 100-fachen des zunächst für 2012 festgelegten Mindestlohnes von R$ 619,21.

Da – im Gegensatz zum bisherigen Recht – nunmehr auch juristische Personen eine solche Einzelunternehmerschaft mit beschränkter Haftung eingehen können (Empresa Individual de Responsabilidade Limitada – EIRELI), hat der brasilianische Gesetzgeber den Weg zur Einmann-Gesellschaft geebnet. Allerdings ist das betreffende Gesetz nicht ganz eindeutig, so dass abzuwarten bleibt, ob die Rechts- und Registerpraxis die Einmann-„Limitada“ in Form der EIRELI tatsächlich so akzeptieren wird.

Für die EIRELI gelten die Regeln der Limitada (Art 980-A § 6 Código Civil) entsprechend. Es ist in der Firma der Zusatz EIRELI zu führen.

Das Gesetz über die EIRELI wird am 8. Januar 2012 in Kraft treten.

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