HP COMPACT  |  im Januar 2011  |
Martin Heitmüller, Rechtsanwalt in Hannover |
Maitre en droit (FR)
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Die französische Société à responsabilité limitée (SARL) – Gesellschaft mit beschränkter Haftung – wurde in Frankreich 1925 nach deutschem Vorbild eingeführt. Wie auch in Deutschland erfolgte die Einführung dieser weiteren Form der Kapitalgesellschaft vor allem, um auch kleineren Gesellschaften, für die die Formalitäten einer Aktiengesellschaft zu aufwändig waren, die Möglichkeit einer Haftungsbegrenzung zu ermöglichen. Diese Rechtsform hatte wie in Deutschland einen großen Erfolg. Es gibt heute in Frankreich ca. 1.780.000 SARL (Stand 2009), was ca. die Hälfte aller regstrierten Gesellschaften ausmacht. Die SARL eignet sich besonders für kleinere und mittlere Unternehmen.

 

Gründung und Struktur

Die Gründung erfolgt durch den Abschluss des Gesellschaftsvertrages (les statuts). Anders als in Deutschland muss dieser jedoch nicht notariell beurkundet werden, sondern kann auch durch einen Rechtsanwalt aufgesetzt werden.

Die Gesellschaft ist sodann in das Handelsregister (registre du commerce et des sociétés), Zentralregister für Gesellschaften in Paris, einzutragen. Dies wird durch die Centres de formalités des entreprises vorgenommen. Allerdings hat die Eintragung nur deklaratorische Bedeutung. Die Eintragung kann inzwischen auch online auf elektronischem Wege erfolgen (www.guichet-entreprises.fr).

Die SARL muss mindestens zwei Gesellschafter haben – eine Einpersonengesellschaft ist ebenfalls zulässig, dann aber nur in der Sonderform der Entreprise unipersonnelle à responsabilité limitée – EURL.

Mehr als hundert Gesellschafter können sich an einer SARL nicht beteiligen, sondern nur an einer Aktiengesellschaft ( S.A.).

Ein Mindestkapital ist seit 2003 ist nicht mehr vorgegeben. Die SARL kann also auch mit lediglich einem Euro als Stammkapital gegründet werden. Das Kapital ist eingeteilt in Gesellschaftsanteile (parts sociales), so dass jeder Gesellschafter ( wie seit 2009 auch in Deutschland ) mehrere Anteile in gleicher Stückgröße hält.

Die Organe der SARL sind die Gesellschafterversammlung und die Geschäftsführung. Ein Aufsichtsrat ist nicht vorgesehen, aber zulässig.

 

Geschäftsführung

Die Geschäftsführung erfolgt durch eine oder mehrere natürliche Personen, (gérant).

Ihre Befugnisse richten sich nach dem Gesetz, der Satzung und häufig auch nach einer Geschäftsordnung, zum Beispiel mit einem Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte.

 

Dienstverhältnis

Ein geschäftsführender Mehrheitsgesellschafter ist Patron und nicht Arbeitnehmer der SARL. Ein angestellter Geschäftsführer ohne Gesellschafterstellung oder als einfacher Gesellschafter ohne Mehrheit der Anteile kann jedoch nach der Rechtsprechung eine Arbeitnehmereigenschaft haben, so dass anders als in Deutschland dann Vorschriften des Arbeitsrechts auf ihn anwendbar sind.

 

Haftung

Im Außenverhältnis haftet ein Geschäftsführer nur, wenn er einen Fehler außerhalb der Ausübung seiner Organfunktionen begangen hat (faute détachable des fonctions).  Zur Zeit werden Geschäftsführer vermehrt Haftungsansprüchen ausgesetzt. Es wird daher auch in Frankreich immer gängiger, sich gegen solche Risiken zu versichern und eine entsprechende Police abzuschließen, deren Kosten von der Gesellschaft getragen werden.

 

Steuerrechtlicher Status

Lange Zeit waren die Geschäftsführer, die gleichzeitig Mehrheitsgesellschafter der SARL waren, steuerlich benachteiligt. Dieser Zustand ist nunmehr angepasst worden. Sie unterliegen jetzt denselben steuerlichen Regeln wie Arbeitnehmer.

 

Gesellschafter

Die Rechte der Gesellschafter gestalten sich ähnlich wie bei einer Aktiengesellschaft (S.A., société anonyme).

 

Informationsrecht

Jeder nicht geschäftsführende Gesellschafter hat ein Informationsrecht hinsichtlich der Jahresabschlüsse, Geschäftsführungsberichte sowie der Protokolle der Gesellschafterversammlungen der letzten drei Geschäftsjahre. Zwei Wochen vor der jährlichen Gesellschafterversammlung (assemblée) hat der Geschäftsführer jedem Gesellschafter folgende Dokumente zuzustellen: Unterlagen über die Gesellschaftskonten, Bericht der Geschäftsführung, Text der Beschlussentwürfe, Bericht des Wirtschaftsprüfers falls vorhanden.

 

Stimmrechte

Jeder Gesellschafter verfügt über eine Stimmenanzahl, die der Anzahl seiner Gesellschaftsanteile entspricht. Dies ist gesetzlich zwingend vorgeschrieben. Regelungen ähnlich der Mehrstimmaktien oder die Einführung von Anteilen ohne Stimmrecht, die in einer S.A. zulässig sind, sind bei der SARL nicht möglich.

Wie bei der S.A. wird das Wahlrecht auf den Gesellschafterversammlungen ausgeübt. Dies ist jedoch nicht die einzige Möglichkeit: Im Gegensatz zu Aktiengesellschaften kann der Gesellschaftsvertrag einer SARL auch die Beschlussfassung im schriftlichen Verfahren auf dem Briefwege (vote par consultation écrite) oder durch einstimmige Erklärung auf einem Schriftstück (vote par signature d’un acte unanime) vorsehen.

 

Gesellschafterversammlung

Wie bei den Aktiengesellschaften sind die assemblées minutiös geregelte Veranstaltungen. Die gesetzlichen Vorschriften sind genau zu beachten, denn jeder Formfehler würde einem kritischen Gesellschafter die Möglichkeit geben, einen Beschluss, für nichtig erklären zu lassen. Formfehler etwa bei der Ladung sind unbedingt zu vermeiden.

In der Praxis werden die assemblées im Allgemeinen durch Anwälte oder Notare geleitet, die mit dem „gesellschaftsrechtlichen Sekretariat“ der Gesellschaft (secrétariat juridique de la société) beauftragt sind.

Grundsätzlich hat die Ladung durch den Geschäftsführer zu erfolgen. Im Falle der Untätigkeit kann auch durch den Wirtschaftsprüfer geladen werden, wenn ein solcher vorhanden ist. Die Gesellschafter können nicht selbst zur Gesellschafterversammlung laden. Jedoch kann jeder Gesellschafter im Falle der Untätigkeit der Gesellschaftsorgane und wenn dies im Interesse der Gesellschaft ist beim Präsidenten des zuständigen Handelsgerichtes (président du tribunal de commerce) die Bestellung eines gerichtlichen Bevollmächtigten (mandataire de justice) beantragen, der dann die Ladung vornimmt.

Die Ladung hat durch eingeschriebenen Brief zu erfolgen und muss naturgemäß die Tagesordnung enthalten.

Über die Versammlung wird ein Protokoll mit den getroffenen Beschlüssen erstellt und vom Geschäftsführer unterschrieben.

Im schriftlichen Verfahren (vote par consultation écrite) erhalten die Gesellschafter per Einschreiben an ihren Wohnsitz die Unterlagen, die zur Angabe ihrer Stimme notwendig sind (Lebenslauf der vorgeschlagenen Person) – sie haben dann für ihres Stimmabgabe zwei Wochen Zeit. Die Stimmauszählung nimmt der Geschäftsführer vor.

Eine Beschlußfassung durch einstimmige Erklärung auf einem Schriftstück (vote par signature d’un acte unanime) setzt eine entsprechende Zulässigkeit im Gesellschaftsvertrag voraus. Diese Abstimmungsform vereinfacht die Verwaltung kleinerer SARL.

 

Mehrheitserfordernisse

Entscheidungen zur laufenden Geschäftsführung, (les décisions ordinaires) verlangen die absolute Mehrheit der Stimmen (majorité absolue), also mehr als die Hälfte der existierenden Gesellschaftsanteile. Diese betrifft zum Beispiel die Genehmigung des Jahrsabschlusses, die Ernennung neuer Geschäftsführer und anderes.

Wird die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang nicht erreicht, genügt im zweiten Wahlgang die einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen (simple majorité des voix exprimées) gleich wie viele Gesellschafter anwesend sind. Sollte also lediglich ein Gesellschafter anwesend sein, kann er Beschlüsse einstimmig fassen.

Außerordentliche Entscheidungen (décisions extraordinaires), zum Beispiel eine Änderung des Gesellschaftsvertrages oder Erhöhung oder Herabsetzung des Kapitals, verlangen eine Mehrheit von drei Vierteln aller Gesellschaftsanteile. Ein Gesellschafter oder eine Gesellschaftergruppe mit 25 % der Anteile plus einem weiteren Anteil haben damit eine Sperrminorität und können Entscheidungen blockieren, es sei denn dieses Vorgehen wäre rechtsmissbräuchlich.

Kleine und mittleren Gesellschaften, die nach dem 02. August 2005 gegründet wurden, sind begünstigt: Zur Beschlussfähigkeit der Versammlung zur Änderung des Gesellschaftsvertrages ist bei der ersten Abstimmung die Anwesenheit von mindestens einem Viertel der Gesellschaftsanteile erforderlich. Sollte eine zweite Abstimmung erforderlich werden, ist dann die Anwesenheit eines Fünftels der Anteile zwingend. Die Entscheidungen werden mit einer Zweidrittelmehrheit der anwesenden Stimmen getroffen. Im Gesellschaftsvertrag können verschärfte Mehrheitsanforderungen bestimmt werden.

Zu den erforderlichen Mehrheitsverhältnissen bei einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen an einen gesellschaftsfremden Dritten erfolgen weiter unten Ausführungen.

 

Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen

Die Übertragung von Gesellschaftsanteilen an einer SARL erfolgt durch Vertrag über einen Anteilsübergang. Da die Gesellschaftsanteile an der SARL nicht wie bei einer Aktiengesellschaft in einem Papier verbrieft, sondern lediglich im Gesellschaftsvertrag festgelegt sind, muss die Übertragung von SARL-Anteilen schriftlich erfolgen. Hierbei handelt es sich jedoch lediglich um eine Beweisvorschrift. Verstöße gegen dieses Schriftlichkeitsgebot berühren die Wirksamkeit der Abtretung nicht.

Die Abtretung muss der Gesellschaft gegenüber bekannt gemacht werden. Sie kann Dritten gegenüber erst geltend gemacht werden, nachdem sie im Handelsregister (registre du commerce et des sociétés) eingetragen wurde.

Abtretung von Anteilen an Fremde

Während die Anteile zwischen Gesellschaftern untereinander frei abtretbar sind (soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes geregelt ist), ist die Abtretung an einen gesellschaftsfremden Dritten nur unter erschwerten Bedingungen möglich. Dies zeigt die Nähe der SARL zu den Personengesellschaften (sociétés de personnes). Ein Zustimmungsbeschluss muss mit der Mehrheit der Stimmen erfolgen, wobei diese Mehrheit mindestens die Hälfte der Gesellschaftsanteile repräsentieren muss. Im Gesellschaftsvertrag können jedoch noch weiter verschärfte Mehrheitsanforderungen bestimmt werden.

Die geplante Abtretung ist allen übrigen Gesellschaftern und der Gesellschaft gegenüber anzuzeigen. Erfolgt innerhalb von drei Monaten keine Entscheidung, gilt dies als Zustimmung. Im Falle der Ablehnung haben die anderen Gesellschafter die Anteile innerhalb von drei Monaten zu erwerben. Der Preis wird durch Einigung oder Sachverständigen festgelegt.

 

Kapitalerhöhungen und Umwandlung

Bei Kapitalerhöhungen ist eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderlich, die auf einer außerordentlichen Gesellschafterversammlung zu beschließen ist. Ein solcher Beschluß verlangt Stimmenmehrheit von Dreiviertel der Anteile. Häufig kommt es zu einer Umwandlung einer SARL in eine Société par Actions Simplifiée (SAS), einer vereinfachten Aktiengesellschaft. Hierfür ist ein einstimmiger Gesellschafterbeschluss erforderlich.

 

Fazit

Die SARL ist in ihrer Funktionsweise eine der deutschen GmbH sehr ähnliche Gesellschaftsform. Sie  eignet sich daher für deutsche Unternehmen gut für ihre geschäftlichen Aktivitäten und den Markteintritt in Frankreich.

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