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Hannover, 25.06.2021 | Der Einsatz von deutschen Mitarbeitern im Ausland ist bei international tätigen Unternehmen häufig und oft unverzichtbar. Rechtlich sind dabei verschiedene Ausprägungen zu unterscheiden:

  • Dienstreisen ins Ausland
  • Entsendung ins Ausland (deutscher Arbeitgeber)
  • Versetzung ins Ausland (ausld. Arbeitgeber) / oder
  • Übertritt zu ausländ. Arbeitgeber

Entsendung – Arbeitsrecht und Steuern

Stephanie Reese, Rechtsanwältin in Hannover

Eine Entsendung ist dann die weisungsgemäße Aufnahme einer Tätigkeit im Ausland für einen in Deutschland ansässigen Arbeitgeber im Rahmen eines inländischen Beschäftigungsverhältnisses. Die Tätigkeit ist regelmäßig befristet. Andernfalls spricht man von einer Versetzung oder einem Übertritt zu einer ausländischen Gesellschaft.

Arbeitsrechtliche Grundlagen 

Entsendeverträge kommen in der Praxis mit unterschiedlichen Bezeichnungen und in verschiedensten Gestaltungen vor.

Das sogenannte Einvertragsmodell nutzen Unternehmen, wenn sie einen Mitarbeiter eigens und ausschließlich zu dem Zweck einstellen, seine Arbeitsleistung im Ausland zu erbringen. Dann erhält er in der Regel auch nur einen einheitlichen Vertrag, den sogenannten Entsendevertrag.

Das Zweivertragsmodell bietet sich an, wenn der Entsendete (Expatriate) bereits in einem inländischen Unternehmen arbeitet und dieses ihn für eine Auslandstätigkeit vorsieht. Der bestehende Arbeitsvertrag wird dann um eine Entsendevereinbarung ergänzt, die die Entsendung selbst und die damit verbundenen Rechte und Pflichten der Parteien regelt.

Häufig nutzen Unternehmen auch das Mehrvertragsmodell: der inländische Arbeitsvertrag mit dem inländischen Unternehmen wird ruhend gestellt, wodurch die Hauptleistungspflichten aus dem deutschen Arbeitsvertrag für die Dauer des Auslandsaufenthaltes ausgesetzt sind. Zusätzlich schließt das ausländische Unternehmen mit dem Mitarbeiter einen eigenen Arbeitsvertrag.

Noch weiter geht das Übertrittsmodell, bei dem der inländische Arbeitsvertrag beendet wird. Die Beendigung erfolgt in der Regel durch einen Aufhebungsvertrag oder durch eine Kündigung. Anstelle des inländischen Arbeitsverhältnisses tritt nun ein ausländisches Arbeitsverhältnis, das nach den lokalen Regeln ausgestaltet wird.


Fürsorgepflicht des Arbeitgebers
 

Der Umfang der Fürsorgepflicht ist in jedem einzelnen Arbeitsverhältnis unterschiedlich. Generell gilt allerdings: Je umfangreicher die Einwirkungsmöglichkeiten des Arbeitgebers kraft seines Direktionsrechtes sind, desto weitgehender sind auch seine Fürsorgepflichten. Durch den Entsendevertrag wird eine eigene Fürsorgepflicht begründet; durch die Aufnahme einer Auslandstätigkeit entsteht ein hoher Abhängigkeitsgrad des Arbeitnehmers. Daher hat der Arbeitgeber eine Aufklärungspflicht über mögliche Veränderungen in der Sozialversicherung, wenn er einen Expatriate entsendet. 


Arbeitserlaubnis und Aufenthaltsgenehmigung 

Entsendeverträge werden zweckmäßigerweise unter der aufschiebenden Bedingung abgeschlossen, dass dem Expatriate gegebenenfalls erforderliche Arbeitserlaubnisse und Aufenthaltsgenehmigungen erteilt werden.

Grundsätzlich müssen sich die Vertragsparteien spätestens nach Vertragsschluss an die zuständigen Behörden im Tätigkeitsstaat wenden, um die entsprechenden Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen zu erhalten. Innerhalb von Europa ist es regelmäßig unproblematisch, eine vertraglich vereinbarte Tätigkeit in einem anderen EU-Mitgliedstaat aufzunehmen. Zwar benötigt der Mitarbeiter auch innerhalb der EU eine Arbeitserlaubnis, diese muss das Zielland einem EU-Bürger aber nach dem Prinzip der Freizügigkeit für Arbeitnehmer erteilen.

Außerhalb Europas sind die Anforderungen an die Genehmigungen sehr unterschiedlich, daher sollte ein Arbeitgeber bereits frühzeitig die Antragsverfahren  einleiten und gegebenenfalls auch die deutschen Botschaften und Konsulate vor Ort einbeziehen.
 

Steuerrecht

Der Begriff der Entsendung wird in der Praxis auch im Steuerrecht für Sachverhalte verwendet, in denen sich Arbeitnehmer eines inländischen Arbeitgebers auf dessen Weisung hin für einen befristeten Zeitraum ins Ausland begeben, um dort ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit nachzugehen.
 

Einkommenssteuerpflicht im Inland 

Auf Seiten des Arbeitnehmers ergeben sich einkommens- und lohnsteuerliche Auswirkungen einer Mitarbeiterentsendung, wenn dieser weiterhin in Deutschland mit seinen Einkünften der Einkommenssteuer unterliegt.

Zu unterscheiden ist zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Einkommenssteuerpflicht.

Unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig sind nach § 1 Abs. 1 EStG Personen, die ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben. Der Begriff des Wohnsitzes ist in § 8 der Abgabenordnung (AO) und der des gewöhnlichen Aufenthaltes in § 9 AO definiert. Bei der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen alle in- und ausländischen Einkünfte (nach (§ 2 Abs. 1 EStG) des Steuerpflichtigen der Einkommenssteuer (Welteinkunftsprinzip).

Beschränkt einkommenssteuerpflichtig sind hingegen natürliche Personen, die in Deutschland weder ihren Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, jedoch bestimmte Einkünfte. Sie unterliegen nur mit ihren sogenannten Inlandseinkünften im Sinne des § 49 EStG der Einkommenssteuerpflicht.
 

Problem der Doppelbesteuerung 

Zur Doppelbesteuerung kommt es, wenn  Steuern erhoben werden und zwar

  • durch zwei oder mehr Staaten
  • von demselben Steuerpflichtigen
  • für denselben Steuergegenstand und Zeitraum.

Eine Doppelbesteuerung beruht darauf, dass nahezu jeder Staat bei der Erhebung von Steuern und Abgaben sowohl an die Ansässigkeit des Arbeitnehmers als auch an die Arbeitsleistung in seinem Hoheitsgebiet anknüpft.

Entsendung in DBA-Staaten

Da sich eine Doppelbesteuerung nicht allein nach nationalen Vorschriften vollständig vermeiden lässt, haben die meisten Staaten miteinander bilaterale Abkommen zur Vemeidung de Doppelbesteuerung abgeschlossen. Deutschland unterhält über 90 DBA (www.bundesfinanzministerium.de)

Die Grundsätze der unbeschränkten Einkommenssteuerpflicht finden auch im Verhältnis zu DBA-Staaten uneingeschränkt Anwendung. Daher ist zunächst zu prüfen, ob Deutschland eine Besteuerungskompetenz für die in Frage kommenden Einkünfte hat. Schließt das entsprechenden DBA das Besteuerungsrecht des deutschen Fiskus aus, geht dies den nationalen Vorschriften vor. Ansonsten rechnet Deutschland die im Ausland gezahlten Steuern auf eine deutsche Steuerschuld aus den ausländischen Einkünften an oder stellt die ausländischen Einkünfte von der deutschen Besteuerung frei. Die Freistellung gilt allerdings meist nur unter Progressionsvorbehalt, so dass diese Einkünfte in die Bemessungsgrundlage für den Steuersatz miteinbezogen werden.

Vom einem DBA abgedeckt sind natürliche Personen, die in einem der beiden an dem DBA beteiligten Vertragsstaaten ansässig sind, dort also ihren Wohnsitz, ständigen Aufenthalt oder den Ort ihrer Geschäftsleitung haben oder aufgrund eines ähnlichen Merkmals steuerpflichtig sind.

Gilt ein Arbeitnehmer nach der Definition als in beiden Staaten ansässig (Doppelansässigkeit), verweist das DBA auf den Staat, in dem sich die ständige Wohnstätte befindet. Verfügt der Arbeitnehmer in beiden Staaten über eine ständige Wohnstätte, gilt er in dem Staat als ansässig, zu dem die engeren persönlichen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen (Mittelpunkt der Lebensinteressen).

Die Ansässigkeit bestimmt neben der Anwendbarkeit des DBA auch grundlegende Bedeutung für die Zuweisung des Besteuerungsrechtes entweder an den Ansässigkeitsstaat oder den jeweils anderen am DBA beteiligten Staat.

Die zentrale Vorschrift hierfür folgt zumeist Art. 15 des OECD-Musterabkommens.  Für in Deutschland ansässige Arbeitnehmer bedeutet dies für die meisten Länder:

  • der Arbeitnehmer wird mit seinem Einkommen aus unselbständiger Arbeit in Deutschland durch Deutschland besteuert
  • der Arbeitnehmer wird mit seinem Einkommen aus unselbständiger Arbeit im Ausland dort besteuert.
  • Es bleibt allerdings bei der deutschen Besteuerung des Einkommens aus Arbeit im Ausland, wenn der Mitarbeiter dort nicht mehr als 183 Tage anwesend ist und der deutsche Arbeitgeber weiterhin das Gehalt zahlt und auch wirtschaftlich trägt. Erstattet die Auslandstochter die Personalkosten des Entsendeten, besteuert der Fiskus im Ausland.

Entsendung in Nicht-DBA-Staaten 

Für unbeschränkt Steuerpflichtige hat der Gesetzgeber verschiedene Möglichkeiten innerhalb des EStG geschaffen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. So besteht die Möglichkeit, die ausländischen Einkommenssteuern auf die deutsche Einkommenssteuer anzurechnen oder diese von den Einkünften abzuziehen, obwohl diese als private Steuern grundsätzlich einem Abzugsverbot unterliegen. Ferner wurde durch den Auslandstätigkeitserlass die Möglichkeit geschaffen, die betreffenden Einkünfte von der Besteuerung in Deutschland freizustellen.

Für beschränkt Steuerpflichtige gilt bezüglich der Vermeidung einer Doppelbesteuerung das Folgende: Eine Steueranrechnung bzw. ein Steuerabzug nach Maßgabe des EStG ist nicht möglich, da diese die unbeschränkte Einkommenssteuerpflicht des Arbeitnehmers voraussetzen. In Betracht kommt aber eine Steuerbefreiung nach dem Auslandstätigkeitserlass. Diese Befreiung ist wegen des Abgeltungsprinzips bei der beschränkten Steuerpflicht lediglich beim Lohnsteuerabzug relevant.

Auch bleiben Einkünfte aus der Verwertung einer außerhalb des Geltungsbereiches des EStG ausgeübten nichtselbstständigen Arbeit bei der Besteuerung außer Ansatz, wenn der Arbeitnehmer nachweist, dass von diesen Einkünften in dem Tätigkeitsstaat eine der deutschen Einkommenssteuer entsprechende Steuer tatsächlich erhoben wird. Auf den Nachweis ist zu verzichten bei Arbeitnehmern, bei denen die Voraussetzungen des Auslandstätigkeitserlasses vorliegen.

Sonderfall: Grenzgänger

Grenzgänger sind Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in Grenznähe des einen Staates haben, in Grenznähe des anderen Staates als Arbeitnehmer tätig sind und arbeitstäglich zu ihrer ständigen Wohnstätte zurückkehren. Die mit Frankreich, Österreich und der Schweiz abgeschlossenen DBA enthalten Sonderregelungen für Grenzgänger. Diese Regelungen durchbrechen regelmäßig den Grundsatz der Tätigkeitsstaatsbesteuerung und verweisen das Besteuerungsrecht zurück an den Wohnsitzstaat.

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