Hannover, 26.02.2021 | Heute setzen die meisten Unternehmen, die ihre überregionale oder internationale Bekanntheit steigern wollen, auf Online-Marketing, da dies für viele der einfachste und -vermeintlich- kostengünstige Weg ist. Gerne genutzt werden nicht mehr nur klassische Webdomains oder geschaltete Anzeigenfenster, sondern zumeist auch Social Media Kanäle. Auch viele kleine und mittelständische Unternehmen pflegen mittlerweile ganz selbstverständlich ihre Auftritte in den sozialen Netzwerken. Zudem wird die Kooperation mit sogen. Influencern oder Prominenten immer beliebter.

Markenschutz international

Aline Kristin Pehle, Juristin

 

Neue Bekanntheit durch Online-Marketing: Welche Probleme ergeben sich beim Markenschutz?

Die Möglichkeiten, seine Reichweite zu vergrößern, werden also immer vielfältiger. Entsprechendes und cleveres Marketing kann sogar zum gezielten Auslösen oder Ausnutzen von regelrechten „Internet-Hypes“ genutzt werden. Ein Unternehmen bzw. seine Marke kann dadurch innerhalb weniger Tage oder Wochen große Bekanntheit in der gewünschten Zielgruppe erlangen -und das mitunter weltweit. Der Versuch eine Etablierung oder Expansion in neue(n) Märkten durch die schnelle Prominenz von Marken voranzutreiben, sollte die Unternehmer aber auch dazu veranlassen, sich vorausschauend mit den entsprechenden Schutzrechten auseinanderzusetzen.

Wie geschützt ist die eigene Marke auf einem sich plötzlich neu öffnenden Markt? Und wie geschützt ist die eigene Marke auf dem regulären Vertriebsgebiet, wenn (vielleicht sogar über Nacht) ein ungeahnter Wettbewerber hinzutritt?

Markenschutz national, europäisch und global

Beim Markenschutzsystem ist grundsätzlich zwischen der nationalen, der europäischen und der weltweiten Ebene zu unterscheiden.

Ausgangsfall, wenn eine Marke erstmalig in einem bestimmten Staat genutzt werden soll, ist die Bemühung nationalen Markenrechts.

In Deutschland kann eine Marke beim Deutschen Patent- und Markenamt (Hauptsitz in München) angemeldet werden. Der Schutz erstreckt sich räumlich auf das ganze Bundesgebiet, zeitlich zunächst auf eine Dauer von zehn Jahren, wobei gegen Gebühr kurz vor Fristablauf die Möglichkeit der Verlängerung besteht.

Wenn eine Marke innerhalb der Grenzen der EU geschützt werden soll, kann sie als Unionsmarke registriert werden. Rechtliche Grundlage ist eine EU-Verordnung[1]. Zuständig ist das Amt der Europäischen Union für Geistiges Eigentum (engl. European Union Intellectual Porperty Office), kurz EUIPO, welches seinen Sitz in Alicante, Spanien, hat. Nach Ablauf von zehn Jahren kann auch hier der Markenschutz erneut um zehn Jahre verlängert werden. Der große Vorteil der Unionsmarke ist der einheitliche unionsweite Rechtsschutz. Die Marke muss nicht in jedem Mitgliedstaat, in dem sie genutzt werden soll, einzeln angemeldet werden und genießt überall den gleichen Schutzstandard.

Dieser Vorteil ist aber zugleich ihr großer Nachteil: Eintragungshindernisse in nur einem Mitgliedsstaat (z.B. der Widerspruch des Inhabers einer älteren Marke) verhindern in der Regel die Entstehung der Unionsmarke. Wenn sich nach Eintragung herausstellt, dass in nur einem Staat Eintragungshindernisse vorgelegen haben, kann die Unionsmarke ihren Schutz in allen anderen Mitgliedstaaten ebenfalls verlieren. Natürlich kommt es hierbei auf die Perspektive an. Von daher sollte ein Unternehmer, sobald er vorhat, seine Marke aufgrund einer angestrebten Expansion unionsweit schützen zu lassen, zuvor im Rahmen einer Markenrecherche nicht nur nach möglicherweise älteren bzw. priorisierten Gemeinschaftsmarken Ausschau halten, sondern auch nach älteren Marken in jedem einzelnen der 27 Mitgliedstaaten.

Bemühungen der Staaten auf internationaler Ebene einen Markenschutz durch völkerrechtliche Verträge zu etablieren, gibt es schon seit Ende des 19. Jahrhunderts. Auch wenn es immer noch kein einheitliches, weltweit gültiges Markenschutzrecht gibt, so konnte sich die Staatengemeinschaft immerhin auf gewisse Mindeststandards einigen und hat mittlerweile die WIPO in Genf, die Weltorganisation für Geistiges Eigentum (engl. World Intellectual Property Organisation), erschaffen. Auf Grundlage des Madrider Markenschutzsystem, der Pariser Verbandsübereinkunft zum Schutz des Gewerblichen Eigentums und zuletzt des TRIPS[2] Abkommens der WTO ist es möglich, über die WIPO den Schutz einer Marke in über 190 verschiedenen Ländern zu erreichen.

Der Vorteil der Nutzung des WIPO-Systems gegenüber dem Gang über die jeweiligen nationalen Patentämter der einzelnen Staaten liegt zunächst darin, dass der Markeninhaber im Endeffekt einen Anspruch auf Registrierung in den gewünschten weiteren Staaten hat. Einmal in einem Vertragsstaat registriert, kann die Registrierung in anderen Staaten nämlich nur noch in Ausnahmefällen verwehrt werden. Außerdem dürfen ausländische Markeninhaber nicht schlechter behandelt werden als Inländische, es besteht ein Gleichbehandlungsgebot.

Hervorzuheben ist jedoch, dass hier keine universelle Marke entsteht; es wirkt sich vielmehr das Territorialitätsprinzip aus: Eine einmalige Eintragung und damit automatische Schutzwirkung in allen Vertragsstaaten kann nicht erlangt werden. Stattdessen muss konkret angegeben werden, in welchen Staaten die Marke Schutz erlangen soll. Rechtsfolge ist, dass der Verlust des Markenschutzes in einem der Vertragsstaaten nicht zugleich den Schutzverlust in einem anderen Staat bedeutet. Problematisch für den Konkurrenten ist, dass er seinen Markenschutz in jedem betreffenden Staat einzeln durchsetzen muss; immer mit der Unsicherheit verbunden, dass nicht klar ist, ob sein Vorgehen jeweils erfolgreich ist.

Der Markenschutz auf neuen Absatzmärkten

Neuer Markt – neue Eintragung

Allen drei Systemen immanent sind die Grundsätze der Territorialität, der Eintragung und der Priorität. Eine Marke kann eigentlich nur dort geschützt werden, wo sie in ein Markenregister eingetragen wurde und somit offiziell Schutzrechte zugebilligt bekommt.

Außerdem haben ältere Marken vor jüngeren Marken Vorrang, sie werden priorisiert.

Wenn nun die Marke eines Unternehmens durch erfolgreiche Social Media Kampagnen schlagartige Bekanntheit/Beliebtheit in anderen Staaten erfährt, dort aber nicht eingetragen ist, kann sich erst einmal jeder Konkurrent dieser Marke bedienen -sie also nutzen oder schlimmstenfalls selber eintragen. Der scheinbar vielversprechende Auftritt auf dem neuen Markt kann ohne Eintragung also schnell zum Fehlschlag werden.

Falls das Unternehmen auf seinem angestammten Markt unvorhergesehen einem neuen Konkurrenten gegenübertritt, dessen Marke mehr oder weniger identisch mit der eigenen Marke ist, kommt es grundsätzlich auch hier zunächst darauf an, welche der beiden bereits Marken eingetragen ist. Nur, wenn die eigene Marke schon eingetragen ist, kann das Unternehmen gegen den Konkurrenten vorgehen. Im Übrigen sollte es jedoch nicht selbst der Versuchung erliegen, von einer konkurrierende Marke Gebrauch zu machen, da dies u.U. eine wettbewerbsrechtliche Haftung begründen könnte. Wenn noch keine der beiden Marken eingetragen ist, greift ebenfalls das Prioritätsprinzip: Die Marke, die zuerst eingetragen wird, setzt sich durch und ist gegenüber der anderen Marke geschützt. Hier kommt es also mitunter zu einem Wettlauf gegen die Zeit.

Einem Unternehmen, das vorhat seine Produkte unter einer bestimmten Marke auf einem bestimmten Absatzmarkt zu vertreiben oder dort auch nur zu bewerben, sei deshalb unbedingt geraten, die Marke auch bei der zuständigen Behörde eintragen zu lassen -sei es über das nationale Markenamt, die EUIPO oder die WIPO. Vorab sollte zudem eine gründliche Markenrecherche betrieben werden, um auszuschließen, dass die Marke bereits zugunsten eines anderen Rechteinhabers geschützt ist. Heutzutage ist dies mittels online einsehbarer Register relativ einfach geworden.[3] Dennoch kann im Einzelfall die Beurteilung, ob die eigene Marke sich stark genug von einer bereits eingetragenen Marke unterscheidet, schwierig sein, bspw. bei Bildmarken. Notfalls ist hier angeraten, rechtzeitig eine fachanwaltliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um sich unnötige Zeit- und Kostenärgernisse zu ersparen, die mit einer Versagung der Eintragung entstehen können.

Das Prinzip der „well-known trademarks“ / „notorisch bekannte Marken“

Keine Regel ohne Ausnahme. Ausfluss des Prioritätsprinzips und allgemein anerkannt ist das Prinzip, dass keine neue Marke zugelassen werden darf, die identisch ist (wohl mit umfasst sind die Nachahmung oder Übersetzung) mit einer Marke, die allgemein bekannt bzw. populär ist. Im Englischen werden diese Marken als „well-known trademarks“ bezeichnet, im Deutschen als „notorisch bekannte Marken“. Diesem Prinzip folgend, kann eine heimische, nicht eingetragene Marke durchaus gegenüber einer neuen ausländischen Marke Schutz beanspruchen. Einer ausländischen, nicht im Inland eingetragenen Marke, kann umgekehrt mitunter ebenfalls Schutz gegenüber einer neuen inländischen Marke gewährt werden.

Gesetzlich geregelt wurden die „well-known trademarks“ u.a. im WTO-/WIPO- System, in den USA, der EU sowie im deutschen Markenschutzrecht.

Es erscheint nur logisch, dieses Konzept nun auf eine Marke, die durch geschicktes Online-Marketing in einem Staat oder einer Region große Bekanntheit oder Prominenz erlangt hat, noch bevor das Unternehmen Gelegenheit zum Vertrieb sowie zur Eintragung hatte, zu übertragen: Nachahmern, die von einem etwaigen Hypen profitieren wollen, könnte die Nutzung/Eintragung einer identischen Marke untersagt werden.

Hier wirft sich zunächst die Frage auf, ob die Marke bereits tatsächlich benutzt werden muss oder ob die bloße Bekanntheit ausreicht. Kann also eine Marke geschützt werden, die weder registriert noch genutzt wurde? Dagegen könnte sprechen, dass ihr Schutz evtl. nicht weiter gehend sein sollte als der Schutz ordnungsgemäß registrierter Marken. Das TRIPS Abkommen erlaubt den Vertragsstaaten die Registrierung einer Marke davon abhängig zu machen, ob die Marke tatsächlich genutzt wird. Als zeitlicher Orientierungsrahmen werden drei Jahre genannt. Die EU geht sogar von einer tatsächlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren aus, für die Annahme einer Nutzung reicht hier aber immerhin schon der Vorgang der Anbringung der Marke auf Exportwaren aus.

Allerdings lässt der Wortlaut des TRIPS Abkommens die Bekanntheit der Marke durch Werbung in dem betreffenden Vertragsstaat ausreichen. Laufe der Jahre erfolgten zudem mehrere Urteile, in denen die tatsächliche Nutzung nicht für erforderlich befunden wurde und die die hinreichende Bekanntheit von „well-known trademarks“ ausreichen ließen, um unter den markenrechtlichen Schutz zu fallen.[4] Das bedeutet, dass der Schutz einer nicht eingetragenen, nicht im Inland genutzten Marke vor der Benutzung durch Dritte durchaus anerkannt ist.

Für die notorische Bekanntheit bzw. das Kriterium „well-known“ gibt es in keine einheitliche Definition. Die WIPO überlässt die Beurteilung, ob Marke ausreichend bekannt ist oder ob Verwechslungsgefahr mit einer neuen Marke besteht, zunächst den jeweiligen nationalen Behörden. Daher haben sich durch Staatenpraxis und Rechtsprechung Mindestanforderungen herausgebildet, denen wohl gemein ist, dass die Marke große Bekanntheit haben muss in der Zielgruppe: So stellt das TRIPS Abkommen auf die Kenntnis des relevanten Bereichs („sector“) der Öffentlichkeit ab. Der europäische Gerichtshof (EuGH) fordert die Bekanntheit in einem „bedeutenden Teil“ des relevanten „beruflichen Milieus“.[5] Das Gericht der Europäischen Union (EuG, dem EuGH nachgeordnet)  nimmt sogar eine räumliche Eingrenzung vor: eine entsprechende Bekanntheit in der Region statt im ganzem Mitgliedstaat, reicht aus.[6]

„Notorisch bekannt“ impliziert, dass für den Schutz einer bekannten Marke eine gewisse Dauer ihrer Bekanntheit erforderlich ist. Die WIPO hat 1999 in ihren Auslegungsempfehlungen zum TRIPS-Abkommen u.a. eine gewisse Dauer der Bekanntheit, Nutzung oder Bewerbung einer Marke gefordert, um sie als „well-known“ bezeichnen zu können.

Warum aber, sollten ältere bekannte Marken, bei denen mehr Zeit bestand, sich eintragen zu lassen, zwangsläufig schützenswerter sein als ebenso bekannte jüngere Marken, die „frisch“ auf dem Markt sind? Zumindest der englische Wortlaut, der bei einer Auslegung der entscheidende sein dürfte, lässt immerhin eine gewisse Öffnung zu. Gerade in Zeiten der Digitalisierung, in denen durch gezieltes Marketing im Ausland, Auslösen von Internet-Hypes etc. weltweit eine hinreichende Bekanntheit in der Zielgruppe, wie sie allgemein gefordert wird, immer schneller erreicht wird und in denen durch den Austausch über internationale Plattformen, Expansion durch online-Handel usw. Konkurrenzsituationen schneller entstehen, erscheint es nur gerechtfertigt, keine allzu strengen Kriterien an die Dauer der Bekanntheit anzulegen. Der Wettbewerber, der seine Marke zuerst eintragen lässt, hat schließlich den entscheidenden Vorteil. Als Eintragungshindernis nur die Existenz lange bekannter Marken, nicht aber die neuerer bekannter Marken anzunehmen, erscheint unbillig und nicht mehr zeitgemäß.

Fazit

Letztlich kommt es natürlich auf die weitere Entwicklung der Staatenpraxis an. Der sicherste Weg für Unternehmer ist immer noch der Weg der Eintragung.

Unternehmer, sollten nicht den Moment verpassen, in denen eine eintragungsfähige Marke entsteht, damit ihnen nicht Konkurrenten, die eine etwaige plötzliche Popularität der Marke ausnutzen wollen, durch Eintragung zuvorkommen. Dennoch kann es lohnenswert sein, einen Blick nach Vorne zu wagen und das Schutzkonzept der „well-known trademark“ für den Notfall im Hinterkopf zu haben. Die Bedeutung und Reichweite einer Marke auf dem Markt hängt schließlich nicht immer von ihrer „Notorität“ bzw. ihrem Alter ab.

Das Konzept der „well-known trademarks“ wirft noch einen weiteren Aspekt auf, den die Unternehmen bei der Markenrecherche beachten sollten: Im Zweifel reicht es nicht aus, sich nur auf die Markenregister zu verlassen. Es sollte auch geprüft werden, ob die eigene Marke mit einer „well-known trademark“ bzw. „notorisch bekannten Marke“ kollidiert. Sonst kann es zu ungewollten Überraschungen kommen.

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[1] EU VO 2017/1001

[2] Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rights

[3]  DPMA Register: https://register.dpma.de

EU-Register: eSearch plus: https://euipo.europa.eu/eSearch/

WIPO-Register: Madrid Monitor: www.wipo.int/madrid/monitor/en/index.jsp

[4] McDonald’s Fall (Südafrika) 1995; WHIRLPOOL Fall (Indien) 1986; TRIPP TRAPP Fall (Schweiz) 2004; EUG 2018: J-M.-E.V. e hijos, SRL vs EUIPO

[5] EuGH, General Motors-Fall, 1999

[6] EUG 2018: J-M.-E.V. e hijos, SRL vs EUIPO

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