HP COMPACT  | im Januar 2012  |
Angelika Herfurth, Rechtsanwältin und Fachanwältin für Familienrecht, Hannover |
Sibyll Hollunder-Reese, Rechtsanwältin, M.B.L. (HSG), Hannover |

 

Wenn das Kind Inhaber oder Gesellschafter eines Erwerbsgeschäftes ist oder werden soll, sind besondere rechtliche Anforderungen zu beachten. Dabei sind zwei Regelungsebenen zu unterscheiden:  Als erstes stellt sich die Frage, ob Eltern ihre Kinder wirksam bei einer Gesellschaftsbeteiligung, insbesondere beim Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung, vertreten können oder ob es hierzu eines Ergänzungspflegers bedarf. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob es gegebenenfalls zusätzlich einer Genehmigung durch das Familiengericht bedarf.

 

Vertretung eines minderjährigen Kindes

Minderjährige bedürfen zur Abgabe wirksamer Willenserklärungen der Vertretung durch ihre gesetzlichen Vertreter. Die gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen sind in der Regel die Eltern des Minderjährigen. Eltern können ihr minderjähriges Kind jedoch dann nicht vertreten, wenn auch ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen wäre. Dies ist der Fall, sofern der Vormund durch die Vertretung gegen das Verbot des Selbstkontrahierens  verstieße. Soweit Eltern an der Vertretung ihres minderjährigen Kindes gehindert sind, ist für die betreffende Maßnahme vom Familiengericht ein Ergänzungspfleger zu bestellen. Ein Ausschlussgrund für die Vertretung besteht z.B. im Falle eines Vertragsschlusses, bei dem die Eltern selbst Vertragspartner und gleichzeitig als gesetzliche Vertreter eines minderjährigen Kindes beteiligt sind (Verbot des Selbstkontrahierens, § 181 BGB). Das Verbot des Selbstkontrahierens führt dazu, dass Minderjährige bei Abschluss eines Gesellschaftsvertrages, bei dem sowohl sie, als auch die Eltern als Gesellschafter beteiligt sind, nicht von den Eltern vertreten werden können. Für den Ausschluss beider Elternteile von der Vertretung des Kindes genügt es, wenn auch nur ein Ehegatte an dem fraglichen Rechtsgeschäft beteiligt ist. Die gesetzliche Vorschrift wird allgemein so verstanden. § 181 BGB ist zwar nach der Rechtsprechung des BGH entsprechend seinem Normzeck nicht anwendbar, soweit das Rechtsgeschäft dem Vertretenen lediglich einen rechtlichen Vorteil bringt, denn ein Interessenwiderstreit ist dann ausgeschlossen und Belange Dritter stehen nicht entgegen. Der Erwerb einer Gesellschaftsbeteiligung oder auch eine Kapitalerhöhung bringt jedoch regelmäßig ein Bündel von Rechten und Pflichten mit sich, insbesondere die Pflicht, die vereinbarte Einlage zu leisten. Für die Beurteilung, ob ein rechtlicher Vorteil vorliegt, kommt es aber nicht auf eine wirtschaftliche Bewertung, sondern allein auf die rechtlichen Folgen des Geschäfts an. Sind also die Eltern selbst an einem Vertrag als Gesellschafter beteiligt, sind sie an der Vertretung ihrer minderjährigen Kinder als Gesellschafter gehindert,  und es ist ein Ergänzungspfleger zu bestellen.

 

Gesellschafterbeschlüsse

Fraglich ist, ob der Grundsatz auch bei der Fassung von Gesellschafterbeschlüssen gilt: können Eltern ihre minderjährigen Kinder in einer Gesellschafterversammlung wirksam vertreten, wenn sie selbst Gesellschafter der betreffenden Gesellschaft sind?

 

Maßnahmen der Geschäftsführung

Nach der Rechtsprechung des BGH ist das Verbot des Selbstkontrahierens auf Gesellschafterbeschlüsse über Maßnahmen der Geschäftsführung und sonstige gemeinsame Gesellschaftsangelegenheiten im Rahmen eines bestehenden Gesellschaftsvertrages grundsätzlich nicht anwendbar.

Minderjährige Gesellschafter können daher bei dieser Art von Beschlüssen grundsätzlich durch ihre Eltern vertreten werden, eines Ergänzungspflegers bedarf es nicht.

Eine Ausnahme hiervon gilt für den Fall, dass es sich um eine GmbH & Co. KG handelt. Ist der Minderjährige Kommanditist in der GmbH & Co. KG und sein gesetzlicher Vertreter geschäftsführender Alleingesellschafter der GmbH, bleibt das Selbstkontrahierungsverbot bestehen. In diesem Fall muss daher auch bei der Beteiligung des Minderjährigen an Gesellschafterbeschlüssen ein Ergänzungspfleger bestellt werden.

 

Änderung des Gesellschaftsvertrages

Auf Gesellschafterbeschlüsse in einer Personengesellschaft, die eine Änderung des Gesellschaftsvertrages oder die Auflösung zum Gegenstand haben, ist hingegen das Selbstkontrahierungsverbot mit der Folge anwendbar, dass ein Ergänzungspfleger bestellt werden muss. Entsprechendes gilt für Änderungen einer GmbH-Satzung, für den Beschluss über die Auflösung der Gesellschaft, die Bestellung zum Geschäftsführer einer Tochtergesellschaft und die Wahl des Vertreters in ein Gesellschaftsorgan. Wählt sich ein Gesellschafter zugleich in Vollmacht seiner Mitgesellschafter zum Geschäftsführer, gilt ebenfalls das Selbstkontrahierungsverbot.

Die Änderungen des Gesellschaftsvertrages, z.B. bei einer Kapitalerhöhung, kann daher durch den Minderjährigen in Vertretung seiner Eltern, die ebenfalls Gesellschafter sind, nicht erfolgen. Hier gilt auch das Selbstkontrahierungsverbot mit der Folge, dass ein Ergänzungspfleger bestellt werden müsste.

 

Genehmigung durch das Familiengericht

Unabhängig von der Frage, ob gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen, wenn sie selbst Gesellschafter der Gesellschaft sind, ihr minderjähriges Kind in seiner Funktion als Gesellschafter vertreten können oder ob hierfür ein Ergänzungspfleger bestellt werden muss, stellt sich die Frage, ob bestimmte Rechtsgeschäfte zusätzlich der Genehmigung des Familiengerichts bedürfen.

 

Erwerbsgeschäft

Das Bürgerliche Gesetzbuch bestimmt den wesentlichen Genehmigungstatbestand für die Beteiligung von Minderjährigen in § 1822 Nr. 3 BGB: danach ist bei einem Vertrag, der auf den entgeltlichen Erwerb oder die Veräußerung eines Erwerbsgeschäfts gerichtet ist, sowie zu einem Gesellschaftsvertrag, der zum Betrieb eines Erwerbsgeschäfts eingegangen wird, die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts (Familiengerichts) erforderlich. Das Genehmigungserfordernis gilt nicht nur für die Eltern des Minderjährigen, sondern auch für den (in der Regel erforderlichen) Ergänzungspfleger. Für Eltern ist also der entgeltliche Erwerb eines Erwerbsgeschäftes im Namen des Kindes genehmigungsbedürftig. Der unentgeltliche Erwerb ist dagegen genehmigungsfrei.

Als Erwerbsgeschäft gilt jede berufsmäßig ausgeübte und auf einen selbstständigen Erwerb ausgerichtete Tätigkeit. Unerheblich ist es, ob es sich dabei um ein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, um handwerkliche, industrielle, landwirtschaftliche, wissenschaftliche, künstlerische oder freiberufliche Tätigkeit handelt und in welcher Rechtsform das Erwerbsgeschäft betrieben wird. Genehmigungsbedürftig ist auch die Übernahme jedes weiteren Erwerbsgeschäftes, wenn das Kind schon ein Erwerbsgeschäft betreibt. Genehmigungsfrei sind die zur Erfüllung notwendigen Verfügungen sowie die Übernahme bloßer Kapitalbeteiligung ohne Übernahme eines unternehmerischen Risikos. Weiter ist für Eltern die entgeltliche oder unentgeltliche Veräußerung eines Erwerbsgeschäftes genehmigungsbedürftig. Dem steht die Bestellung eines Nießbrauches oder Pfandrechtes gleich.

Personengesellschaft

Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages im Namen des Kindes, der zum Betrieb eines Geschäftsbetriebes eingegangen wird, ist für Eltern genehmigungsbedürftig. Hierunter fällt auch die Beteiligung an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), wenn diese nur zum Zwecke der Verwaltung des in die Gesellschaft eingebrachten Grundstückes gegründet wird.

Die Beteiligung eines Minderjährigen als persönlich voll haftender Gesellschafter einer Personengesellschaft (GbR, OHG, oder als Komplementär einer KG) ist genehmigungsbedürftig. Genehmigungsbedürftig ist auch die Beteiligung eines Kindes als stiller Gesellschafter an einem Handelsgewerbe.

Die Beteiligung des Minderjährigen als Kommanditist (Gesellschafter mit beschränkter Haftung) ist in der Regel genehmigungsbedürftig, weil die Gründungs- und Beitrittsphase sind mit erheblichen Haftungsrisiken für einen minderjährigen Kommanditisten verbunden ist: Bei Gründung einer Kommanditgesellschaft haftet jeder Kommanditist, der dem Geschäftsbeginn zugestimmt hat, bis zur Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister gleich einem persönlich haftenden Gesellschafter, es sei denn, seine Beteiligung als Kommanditist war dem Gläubiger bekannt. Ebenso haftet ein Kommanditist im Falle seines Beitritts zur Gesellschaft so lange wie ein persönlich haftender Gesellschafter, bis er als Kommanditist in das Handelsregister eingetragen ist.

Eine Genehmigung durch das Familiengericht kann nur dann entbehrlich sein bzw. wird nur dann erfolgen, wenn die durch eine Kommanditbeteiligung bezeichneten Risiken – mögen sie auf Gesellschaftsgründung, Beitritt oder Anteilsübernahme beruhen – ausgeschlossen sind. Dies kann z.B. durch eine Vereinbarung erfolgen, die den Beitritt des Minderjährigen in die Kommanditgesellschaft von der aufschiebenden Bedingung seiner Eintragung im Handelsregister als Kommanditist (also mit beschränkter Haftung) abhängig macht. Auch der schenkungsweise Erwerb eines Kommanditanteils ist im Grundsatz genehmigungsbedürftig.

Die Frage, in welchen Fällen ein unentgeltlicher Erwerb eines Kommanditanteils letztlich genehmigungsfrei ist, ist nicht eindeutig in Literatur und Rechtsprechung geklärt. Dabei ist kaum nachvollziehbar, warum ein Eintritt als Kommanditist mit Wirkung der Eintragung im Handelsregister (und damit voller Haftungsbeschränkung vom Beginn der Beteiligung an) anders behandelt werden soll, als der genehmigungsfreie Erwerb eines GmbH-Geschäftsanteils durch Minderjährige.

Die Veräußerung eines Anteils an einer Personenhandelsgesellschaft ist ebenfalls genehmigungsbedürftig. Dem gleichgestellt ist das mit den übrigen Gesellschaftern frei ausgehandelte Ausscheiden des Minderjährigen gegen eine Abfindung.

Die einvernehmliche Auflösung der Erwerbsgesellschaft durch Beschluss ist nicht. Dies ergibt sich aus der nur Vormund und Pfleger bindenden Sonderregelung.

 

Kapitalgesellschaft

Der Abschluss eines Gesellschaftsvertrages einer erwerbsgeschäftlich ausgerichteten GmbH ist wegen der Haftungsrisiken während der Gründungsphase  genehmigungsbedürftig. Die Übertragung eines GmbH-Anteils bedarf dagegen nicht grundsätzlich der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung, sondern nur dann der Genehmigung (gilt nicht für Eltern), wenn der Minderjährige damit zugleich eine fremde Verbindlichkeit übernimmt, die im Verhältnis zum bisherigen Schuldner allein dieser zu tilgen hat. Der schenkungsweise Erwerb eines GmbH-Anteils ist im Grundsatz nicht genehmigungsbedürftig.

Inwieweit der Erwerb und die Veräußerung von Geschäftsanteilen an einer GmbH letztlich genehmigungsbedürftig sind, hängt davon ab, ob im Einzelfall den Minderjährigen über die Kapitalanlage hinaus ein Unternehmerrisiko trifft. Denn dann dürfte die Tätigkeit in der Form der GmbH als Erwerbsgeschäft des Minderjährigen zu verstehen sein, für dessen  Erwerb und Veräußerung eine Genehmigung einzuholen ist.

Übersteigt die Beteiligung eines Minderjährigen an einer GmbH 50 % oder sind an einer GmbH nur Minderjährige beteiligt und veräußern sie alle Anteile insgesamt, ist für die Veräußerung eine gerichtliche Genehmigung stets erforderlich. Das gilt auch, wenn die Geschäftsanteile durch das Kind nur treuhänderisch gehalten werden.

Gemeinsame Grundsätze

Die Fortführung eines ererbten Handelsgeschäftes durch die vertretungsberechtigten Eltern bzw. durch den vertretungsberechtigten Elternteil im Namen des Kindes ist nicht genehmigungsbedürftig. Denn der Gesetzgeber hat eine besondere Form der Beschränkung der Haftung auf den Bestand des Vermögens des Kindes bei Eintritt der Volljährigkeit eingeführt: volljährig gewordene Kindern, die als Minderjährige Mitglied einer Personengesellschaft geworden sind, haben nun das Recht, die Gesellschaft innerhalb einer bestimmten Frist zu kündigen. Damit bleibt es auch nach dem Inkrafttreten des Minderjährigenhaftungsbeschränkungsgesetzes dabei, dass der Erwerb von Geschäftsanteilen von Todes wegen und aus Anlass des Todes eines Gesellschafters nicht genehmigungsbedürftig ist.  Fraglich ist, inwieweit die Änderung von Gesellschaftsverträgen genehmigungsbedürftig ist. Nach der Rechtsprechung des BGH ist dies grundsätzlich nicht der Fall. Eine Änderung bedarf allerdings dann der Genehmigung, wenn sie zu einer Erweiterung der Haftung des nicht voll Geschäftsfähigen führt, sei es, dass er in die Stellung eines persönlich haftenden Gesellschafters wechselt oder dass die Haftsumme erhöht wird. Genehmigungsfrei ist die Auflösung einer GmbH oder eines Handelsgeschäftes.

 

Laufende Geschäftstätigkeit

Ist ein Gesellschaftsvertrag, an welcher ein Minderjähriger beteiligt ist, einmal familienrechtlich genehmigt worden, bedürfen spätere Rechtsgeschäfte der vertretungsberechtigter Gesellschafter-Geschäftsführer im Rahmen des Gesellschaftszweckes vornimmt und die an sich genehmigungsbedürftig wären, grundsätzlich nicht mehr einer besonderen familiengerichtlichen Genehmigung. Dies gilt auch bei einer GbR, wenn sie als Erwerbsgesellschaft betrieben wird. Ist der Zweck der GbR aber nicht auf eine Erwerbstätigkeit, sondern auf eine rein verwaltende Tätigkeit gerichtet, bedürfen von der GbR vorgenommene genehmigungsbedürftige Rechtsgeschäfte stets der gerichtlichen Genehmigung.

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