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Hannover, 08.04.2022 | Russland reagiert auf die aktuelle Entwicklung mit neuen, eigenen rechtlichen Maßnahmen. Diese betreffen den Zahlungsverkehr, Importe und Exporte. Bestimmte Transaktionen unterlegen Meldepflichten oder einem Genehmigungsbedürfnis. Sofern Unternehmen ohne Rechtsgrund ihren Betrieb in Russland einstellen, kann die staatliche Treuhandgesellschaft die Kontrolle übernehmen.

Russische Wirtschaftssanktionen

Thomas Brand, Rechtsanwalt (Brand & Partner, Moskau)

[1]Die Sanktionen zwischen der EU und Russland schmerzen auch unbeteiligte Unternehmer. Während die von der EU verhängten Sanktionen (Ausschluss mehrerer russischer Banken aus dem SWIFT-System, Embargos für bestimmte Warengruppen und die Sanktionierung bestimmter Einzelpersonen) bekannt sind, besteht über die von der russischen Seite verhängten Restriktionen, die auch und insbesondere westliche Unternehmer mit Aktivitäten in Russland treffen, oft keine genaue Kenntnis.

Der russische Präsident hat bereits eine Reihe von Gegensanktionserlassen unterzeichnet, die unter anderem „ein besonderes Verfahren für Geschäfte mit Ausländern einführen, die mit Staaten verbunden sind, die unfreundliche Handlungen gegen die Russische Föderation und ihre Bürger begehen“.

Hier erhalten Sie die wesentlichen Informationen und Entwicklungen schwerpunktmäßig aus den Bereichen Wirtschaft & Recht.

 

Transaktionen mit Immobilien und Wertpapieren in Russland sind zustimmungspflichtig

Am 6. März hat die russische Regierung neue Regelungen für Geschäfte mit Unternehmen aus „unfreundlichen Ländern“ erlassen. Russische Unternehmen müssen Geschäfte mit Unternehmen und Personen aus „unfreundlichen Ländern“ einer speziell eingerichteten Regierungskommission für Auslandsinvestitionen zur Genehmigung vorlegen. Unter die neuen Regelungen fallen die Gewährung von Krediten (in Rubel und Fremdwährung) sowie der Kauf und Verkauf von Wertpapieren und Immobilien sowie weitere Transaktionen. Die Regierungskommission darf das geplante Geschäft mit oder ohne Vorbehalt genehmigen oder es ablehnen. Immobiliengeschäfte zwischen Ausländern und russischen Staatsangehörigen gelten als genehmigt.

 

Russische Unternehmen sind verpflichtet Devisen in Rubel umzutauschen (Präsidialerlasse Nr. 79, Nr. 126, Anweisungen der Zentralbank)

Russische Unternehmen (und damit auch Tochterunternehmen westlicher Unternehmen) sind seit dem 28. Februar 2022 verpflichtet, 80% der im Rahmen von Außenhandelsverträgen von ausländischen Unternehmen erhaltenen Devisen in Rubel umzutauschen. Diese Anforderung gilt für Devisen, die ab dem 1. Januar 2022 auf russischen Konten eingegangen sind. Der Zwangsumtausch hat innerhalb von drei Arbeitstagen ab dem Datum des Eingangs der Fremdwährung zu erfolgen bzw. jetzt erstmals für alle Beträge, die seit 1. Januar 2022 eingegangen sind. Darüber hinaus sind ab dem 1. März Devisentransaktionen im Zusammenhang mit der Bereitstellung von Devisen durch Gebietsansässige zugunsten von Gebietsfremden im Rahmen von Kreditverträgen verboten.

Seit dem 25. März hat die Zentralbank ein Verfahren eingeführt, das Ausnahmen von allgemeinen Regeln für den Verkauf von Devisenerlösen und die Zahlung von Aktien, Kapitaleinlagen für Nichtansässige vorsieht.

Der Beschluss legt das Verfahren fest, nach dem die Zentralbank die Genehmigung erteilt:

  • Devisenerlösenverkauf später als 3 Tage;
  • Reduzierung der Fremdwährungsumsätze um den Betrag der Fremdwährungsverbindlichkeiten gegenüber russischen Banken;
  • Zahlung von Zinsen, Beiträgen oder Anteilen am Kapital/Vermögen eines Nichtansässigen;
  • Übertragung von Devisen an einen Gebietsfremden im Rahmen eines Gesellschaftsvertrags.

Der Beschluss sieht auch die Liste von Unterlagen vor, die zur Erlangung einer Genehmigung erforderlich sind.

Die Zentralbank erteilt innerhalb von 10 Arbeitstagen nach Eingang aller erforderlichen Unterlagen eine Genehmigung oder eine Ablehnung.

 

Devisenbeschränkungen für Privatpersonen

 Privatpersonen dürfen seit dem 2. März maximal USD 10.000 ausführen (berechnet nach dem aktuellen Zentralbankkurs). Devisenüberweisungen durch in Russland nicht tätige Ausländer aus unfreundlichen Ländern sind für die Frist von 6 Monaten gänzlich eingeschränkt.

Darüber hinaus wurde ab dem 2. März 2022 ein Verbot für die Ausfuhr von Fremdwährungen in bar im Gegenwert von mehr als 10.000 US-Dollar aus Russland eingeführt.

Die Zentralbank ordnete an, dass die Bürger bis zum 9. September nur noch 10.000 US-Dollar in bar von Devisenkonten abheben können, unabhängig von der Währung. Zahlungen über diesen Betrag hinaus werden in Rubel getätigt. Für den Verkauf von Goldbarren und -münzen wird keine Mehrwertsteuer mehr erhoben.

Am 25. März veröffentlichte die russische Zentralbank eine Entscheidung über weitere Beschränkungen des Zahlungsverkehrs im Ausland. Im Rahmen ihrer Befugnisse gemäß dem Präsidialerlass vom 18. März hat die Zentralbank eine Obergrenze für die Zahlung von Vorschüssen durch Gebietsansässige an ausländische juristische und natürliche Personen festgelegt.

Die Obergrenze beträgt 30 % des Betrags der Verpflichtungen aus jedem Vertrag und gilt für:

  • Dienstleistungsverträge und Arbeitsausführungsverträge durch Nichtansässige;
  • Verträge, die Übertragung von Informationen und Ergebnissen von geistigem Eigentum/geistiger Tätigkeit vorsehen.

Der Beschluss der Zentralbank vom 25.03.2022 sieht bestimmte Ausnahmen vor, z. B. für gebietsansässige Kreditorganisationen sowie für Finanzdienstleistungsverträge.

Nach dem Beschluss können Nichtansässige – juristische Personen aus „unfreundlichen“ Staaten – keine Währung in Russland kaufen.

 

Kapitalverkehrskontrollen

Der russische Präsident hat am 18. März 2022 ein Dekret über weitere vorübergehende Maßnahmen im Bereich der Devisenregulierung zur Gewährleistung der Finanzstabilität unterzeichnet. Durch das Dekret wird ein neues Verfahren zur Erfüllung von Verpflichtungen gegenüber bestimmten ausländischen Gläubigern erlassen. Bestimmte Transaktionen bedürfen danach einer Genehmigung der russischen Zentralbank. Normale Handelsgeschäfte sind hiervon grundsätzlich nicht betroffen. Die Gewährung von Darlehen an Tochtergesellschaften sowie die Ausschüttung von Dividenden von russischen GmbHs an ihre ausländischen Gesellschafter sind im Dekret nicht genannt.

Darüber hinaus wird die Zentralbank ermächtigt, den Umfang für Überweisungen an ausländische Unternehmen und Einzelpersonen einzuschränken. Die Zentralbank kann einer gebietsansässigen Person, die Außenhandelsgeschäfte betreibt, die Erlaubnis erteilen, die Anforderungen zum Devisenzwangsumtausch im Rahmen der Verordnung Nr. 79 vom 28. Februar 2022 innerhalb anderer als der vorgesehenen Frist zu erfüllen oder diese ganz vom Zwangsumtausch zu befreien. Geregelt sind etwa Vorauszahlungen Gebietsansässiger zugunsten gebietsfremder juristischer sowie natürlicher Personen im Rahmen von Verträgen, Geldtransfers von bei russischen Kreditinstituten eröffneten Konten und der Devisenankauf auf dem russischen Devisenmarkt.

 

Fremdverwaltung für Unternehmen mit ausländischer Beteiligung geplant

Die russische Regierung plant in Kürze einen Gesetzesentwurf „Über die externe Administration für die Verwaltung von Organisationen“ ins russische Parlament einzubringen, der u.a. das Verfahren zur Einsetzung einer Fremdverwaltung bei russischen Gesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern aus sogenannten „unfreundlichen Staaten“ regelt.

Der Gesetzesentwurf wurde bereits von der „Regierungskommission für gesetzgeberische Tätigkeiten“ genehmigt. Am 16. März haben die Steuerbehörde und die Zentralbank ihre Kommentare geäußert. Ob und wann der Gesetzesentwurf ins Parlament, die Duma, eingebracht wird, steht derzeit noch nicht fest.

Ziel des Gesetzes ist es zu verhindern, dass Tochtergesellschaften ausländischer Unternehmen ihre Tätigkeiten in Russland grundlos bzw. aus politischen Motiven einstellen und somit Arbeitsplätze und die russische Wirtschaft insgesamt gefährdet werden.  Der Gesetzesentwurf sieht vor, dass die Fremdverwaltungsfunktion auf das staatliche Unternehmen „VEB.RF“ (staatliche Investitionsgesellschaft zur Förderung russischer Entwicklungsprojekte), die u.a. die treuhänderische Verwaltung staatlichen Vermögens ausübt, zu übertragen ist. Bei Finanzorganisationen, also insbesondere Banken, soll diese Funktionen die „Agentur für Einlagenversicherung“, die als Insolvenzverwalterin für insolvente Banken auftritt, übernehmen.

Allerdings ist die Fremdverwaltung nur bei größeren Unternehmen vorgesehen, die folgende Kriterien erfüllen:

  • die ausländische Beteiligung aus einem „unfreundlichen Staat“ liegt über 25%;
  • der Buchwert der Aktiva der Gesellschaft nach dem letzten Jahresabschluss über RUB 1 Milliarde (ca. EUR 8,2 Mio.) beträgt und/oder die durchschnittliche Anzahl der Mitarbeiter im Monat vor dem Antrag auf Bestellung der Fremdverwaltung mehr als 100 Personen beträgt und
  • die Tätigkeiten der Gesellschaft unter der Verletzung der gesetzlichen Vorschriften eingestellt wurde.

Bitte beachten Sie, dass noch nicht klar ist, ob dieser Gesetzentwurf verabschiedet wird und wenn ja, in welcher Fassung.  Zur Zeit wird der Gesetzentwurf in Wirtschaftskreisen aktiv diskutiert.

 

Exportverbot und Legalisierung von Parallelimport

Die Regierung hat eine Warenliste und Ausrüstungsgegenständen festgelegt, die zuvor aus dem Ausland nach Russland eingeführt wurden und aus  Russland vorübergehend nicht ausgeführt werden dürfen.

 

Präsidialerlass Nr. 100 vom 9. März 2022: 

Verbot und Beschränkungen für Einfuhr und Ausfuhr von bestimmten Waren und Rohstoffen bis zum 31. Dezember 2022. 

 

Regierungsverordnung Nr. 311 vom 9. März 2022:

Verbot für den Export von über 200 Warenarten, insbesondere

  • Haushaltsgeräte
  • medizinische Geräte
  • technische Produkte
  • Landwirtschaftsprodukte
  • Elektroausrüstung

 

RegierungsverordnungNr. 313 vom 9. März 2022:

Verbot für den Export von folgenden Waren in „unfreundliche Länder“ (insbesondere in die EU):

  • Holz
  • rohe Holzmaterialien
  • Holzbeschichtungsmaterialien
  • sonstige unbehandelte Holzmaterialien

 

Regierungsverordnung Nr. 506 vom 29.03.2022

Die russische Regierung hat beschlossen, die Einfuhr von Originalwaren ausländischer Herkunft ohne Zustimmung der Rechtsinhaber zuzulassen (Parallelimport). Die Haftung für den Parallelimport wird abgeschafft.

Bisher war dies offiziell nur mit Zustimmung des Rechtsinhaber zulässig. Das Ministerium für Industrie und Handel erarbeitet derzeit eine Liste mit Waren, die ohne Zustimmung des Rechtsinhabers eingeführt werden können. Dies soll zugunsten der russischen Verbraucher eine Umgehung ausländischer Sanktionen ermöglichen, insbesondere im Luxusartikelsegment.

Grundlage für diese Zulässigkeit des Parallelimports ist eine Gesetzesänderung vom 08.03.2022 (Föderalgesetz Nr. 46-FZ).

Die nach Russland importierten Waren unterliegen aber weiterhin allen erforderlichen Zoll- und Kontrollverfahren.

 

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