In Corona Verträge

Hannover, 27.07.2020 | Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht vom 27. März 2020 sieht diverse Neuregelungen vor – unter anderem im Bereich des Zivilrechts. Auf diese zivilrechtlichen Neuregelungen soll im Folgenden näher eingegangen werden.

Das Gesetz sieht die Änderung des Artikels 240 EGBGB hinsichtlich vertraglicher Regelungen vor. Diese Regelungen betreffen unter anderem das Leistungsverweigerungsrecht bei bestimmten Verträgen, Beschränkungen hinsichtlich der Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen sowie Regelungen zum Darlehnsrecht.

 

1. Leistungsverweigerungsrecht bei bestimmten Dauerschuldverhältnissen

a) Inhalt

Dem Verbraucher steht ein Leistungsverweigerungsrecht, d.h. eine Art Aufschub, bei Verbraucherverträgen zu. Voraussetzung ist, dass es sich bei diesem Verbrauchervertrag um ein wesentliches Dauerschuldverhältnis handelt, das vor dem 8. März 2020 geschlossen worden ist. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse werden in Bezug auf Verbraucher in dem neuen Gesetz definiert als solche, die zur Eindeckung mit Leistungen der angemessenen Daseinsvorsorge erforderlich sind. Das Recht, die Leistung zu verweigern, steht dem Verbraucher bis zum 30. Juni 2020 zu. Voraussetzung dafür ist, dass dem Verbraucher die Erbringung der Leistung infolge von Umständen, die auf die Ausbreitung der Infektionen mit dem SARS-CoV-2-Virus (COVID-19-Pandemie) zurückzuführen sind, ohne Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht möglich wäre.

Dem Kleinstunternehmen steht – ebenso wie dem Verbraucher – ein Leistungsverweigerungsrecht in Bezug auf wesentliche Dauerschuldverhältnisse zu, die vor dem 8. März 2020 geschlossen worden sind. Der Kleinstunternehmer hat das Recht die Leistung bis zum 30. Juni 2020 zu verweigern, wenn infolge von Umständen, die auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind,

  1. das Unternehmen die Leistung nicht erbringen kann oder
  2. dem Unternehmen die Erbringung der Leistung ohne Gefährdung der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs nicht möglich wäre.

Das Leistungsverweigerungsrecht des Kleinstunternehmens besteht in Bezug auf alle wesentlichen Dauerschuldverhältnisse. Wesentliche Dauerschuldverhältnisse werden bei Kleinstunternehmen definiert als solche, die zur Eindeckung mit Leistungen zur angemessenen Fortsetzung seines Erwerbsbetriebs erforderlich sind.

Von den soeben beschriebenen Regelungen kann nicht zum Nachteil des Schuldners abgewichen werden.

b) Ausnahmen

Der Verbraucher kann sein Leistungsverweigerungsrecht nicht ausüben, wenn die Ausübung dieses Rechts für den Gläubiger seinerseits unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung die wirtschaftliche Grundlage seines Erwerbsbetriebs gefährden würde. In Bezug auf den Kleinstunternehmer gilt, dass er sein Leistungsverweigerungsrecht nicht ausüben kann, wenn die Ausübung für den Gläubiger unzumutbar ist, da die Nichterbringung der Leistung zu einer Gefährdung seines angemessenen Lebensunterhalts oder des angemessenen Lebensunterhalts seiner unterhaltsberechtigten Angehörigen oder der wirtschaftlichen Grundlagen seines Erwerbsbetriebs führen würde.

Ist in diesen Fällen das Leistungsverweigerungsrecht ausgeschlossen, steht dem Schuldner ein Recht zur Kündigung zu.

Zudem ist zu beachten, dass diese Regelungen weder Zusammenhang mit Miet- und Pachtverträgen noch bei Darlehnsverträgen gelten. Auch in Bezug auf arbeitsrechtliche Ansprüche finden die Regelungen keine Anwendung.

c) Geltungsdauer

Dem Verbraucher und dem Kleinstunternehmer steht das Leistungsverweigerungsrecht bis zum 30. Juni 2020 zu. Die Neuregelung des Artikel 240 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche tritt am 30. September 2022 außer Kraft.

 

2. Kündigung von Miet- und Pachtverhältnissen

a) Beschränkung der Kündigung

Die neue gesetzliche Regelung enthält auch Vorschriften zur Beschränkung der Kündigung bei Miet- und Pachtverhältnissen. Die Neuregelung sieht vor, dass der Vermieter bei einem Miet- oder Pachtvertrag über Grundstücke oder über Räume, nicht allein deshalb kündigen kann, wenn der Mieter vom 1. April 2020 bis zum 30. Juni 2020 trotz Fälligkeit der Miete nicht leistet. Die Nichtleistung muss auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruhen – der Zusammenhang zwischen der Nichtleistung und der COVID-19-Pandemie ist glaubhaft zu machen. Zu beachten ist, dass sonstige Kündigungsrechte davon unberührt bleiben. Zum Nachteil des Mieters / Pächters darf von diesen Regelungen nicht abgewichen werden.

b) Geltungsdauer

Die Anwendung dieser Vorschriften ist bis auf den 30. Juni 2022 begrenzt.

 

3. Regelungen zum Darlehnsrecht

a) Stundung von Ansprüchen des Darlehnsgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen

Hinsichtlich des Darlehnsrechts gilt: Bei einem Verbraucherdarlehnsvertrag können die Ansprüche des Darlehnsgebers auf Rückzahlung, Zins- oder Tilgungsleistungen, die zwischen dem 1. April 2020 und dem 30. Juni 2020 fällig werden, mit Eintritt der Fälligkeit für die Dauer von drei Monaten gestundet werden. Voraussetzung ist, dass der Verbrauchdarlehnsvertrag vor dem 15. März 2020 abgeschlossen wurde. Zudem muss der Verbraucher – aufgrund der Ausbreitung der COVID-19-Pandemie hervorgerufenen außergewöhnlichen Verhältnisse – Einnahmeausfälle haben, die dazu führen, dass ihm die Erbringung der geschuldeten Leistung nicht zumutbar ist. Nicht zumutbar ist ihm die Erbringung der Leistung insbesondere dann, wenn sein angemessener Lebensunterhalt oder der angemessene Lebensunterhalt seiner Unterhaltsberechtigten gefährdet ist.

Der Verbraucher ist aber dazu berechtigt, die vertraglichen Zahlungen zu den ursprünglich vereinbarten Zeiten weiterhin zu erbringen. Dann gilt aber die Stundung als nicht erfolgt.

Die Vertragsparteien können aber davon abweichende Vereinbarungen (insbesondere über mögliche Teilleistungen, Zins- und Tilgungsanpassungen) treffen.

b) Kündigungsrecht des Darlehnsgebers

Bis zum Ablauf der Stundung kann der Darlehnsgeber wegen Zahlungsverzug, wesentlicher Verschlechterung der Vermögensverhältnisse des Verbrauchers oder der Werthaltigkeit einer für das Darlehen gestellten Sicherheit nicht kündigen. Von dieser Regelung darf auch nicht zu Lasten des Verbrauchers abgewichen werden.

c) Verlängerung des Vertrages

Wenn keine einverständliche Regelung für den Zeitraum nach dem 30. Juni 2022 zustande kommt, verlängert sich die Laufzeit des Vertrags um drei Monate. Die Fälligkeit der vertraglichen Leistungen wird dann um diese Frist hinausgeschoben.

d) Ausnahmen

Diese Regelungen gelten nicht, sofern dem Darlehensgeber die Stundung oder der Ausschluss der Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einschließlich der durch die COVID-19-Pandemie verursachten Veränderungen der allgemeinen Lebensumstände unzumutbar ist.

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