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Hannover, 15.12.2022 | Unabhängig vom Lebensalter sollte jeder Volljährige geeignete Vorsorgemaßnahmen treffen für den Fall, dass er seine eigenen Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. Unternimmt man nichts, so verzichtet man faktisch auf sein Recht auf personelle Selbstbestimmung. Die Errichtung ist keine Frage des Alters und die Notwendigkeit kann auch Jüngere von jetzt auf gleich treffen, ausgelöst durch einen Unfall oder eine plötzliche Erkrankung.

Vorsorgeregelungen ist der Überbegriff für Vorsorgevollmachten, Betreuungsverfügungen und Patientenverfügungen. Was die einzelnen Verfügungen regeln und für welche Situation sie benötigt werden, wird im Folgenden kurz erklärt.

Umfassende Vorsorgeregelungen

Angelika Herfurth, Rechtsanwältin in Göttingen und Hannover,
Fachanwältin für Familienrecht, zertifizierte Testamentsvollstreckerin (DVEV)

Vorsorgevollmacht

Eine Vorsorgevollmacht wird im Hinblick auf eine künftige Geschäftsunfähigkeit / Betreuungsbedürftigkeit erteilt, um die Bestellung eines fremden Betreuers seitens des Gerichts entbehrlich zu machen. Ziel einer Vollmacht ist somit die Vermeidung der Fremdbestimmung.
Mit einer Vorsorgevollmacht bevollmächtigt der Vollmachtgeber einen von ihm selbst ausgewählten Bevollmächtigten, ihn in bestimmten Angelegenheiten gegenüber Dritten rechtswirksam zu vertreten. Bei den Angelegenheiten unterscheidet man zwischen den Bereichen Vermögenssorge und Sorge in persönlichen Angelegenheiten. Den Umfang der Vollmacht bestimmt der Vollmachtgeber selbst.

Bei der Auswahl des Bevollmächtigten ist große Sorgfalt angebracht, sollte man sorgfältig vorgehen, denn das Handeln des Bevollmächtigten wird nicht kontrolliert. Empfehlenswert ist es stets einen Ersatzbevollmächtigten zu benennen für den Fall, dass der Bevollmächtigte an der Ausübung seiner Aufgaben gehindert ist.  Eine Vollmacht kann jederzeit vom Vollmachtgeber widerrufen werden, vorausgesetzt er ist zum Zeitpunkt des Widerrufs geschäftsfähig. Unter den Bereich der Vermögenssorge fallen alle finanziellen Angelegenheiten des Vollmachtgebers, wie z.B.: Antragstellung auf Leistungen der Kranken- und Pflegekasse, Zahlung von Verpflichtungen wie Miete, Strom, Versicherungen, Verwaltung der Bankkonten, Grundstücksverwaltung.
Empfehlenswert ist neben der Vollmacht eine zusätzlich Bankvollmacht / Kontovollmacht ausgestellt in Absprache mit der involvierten Bank erteilt auf einem Formblatt der involvierten Bank. Grund hierfür ist, dass aktuell manche Banken eine wirksam erteilte Vollmacht in einer Vorsorgevollmacht nicht immer akzeptieren.

Bei der Sorge in persönlichen Angelegenheiten geht es insbesondere um die Themen Gesundheitsfürsorge, Aufenthaltsbestimmung / Unterbringung, Einwilligung in ärztliche Zwangsmaßnahmen.

Da immer mehr Menschen ihren Lebensabend im Ausland verbringen bzw. Vermögen im Ausland besitzen, sollte die Vorsorgevollmacht den Zusatz enthalten, welches nationale Recht Anwendung finden soll und dass die vom Bevollmächtigten vorzunehmenden Rechtsgeschäfte auch im Ausland vorgenommen werden können. Unter Umständen muss in diesem Zusammenhang die Vorsorgevollmacht mit einer sog. Apostille international beglaubigt werden. Empfehlenswert ist zudem eine Übersetzung der Vorsorgevollmacht in der Landessprache des Landes zu dem eine Beziehung besteht.  Ist in der Vollmacht nichts hierzu geregelt, so gilt in der EU das Recht des Staates des gewöhnlichen Aufenthaltsortes bzw. der Belegenheit des Besitzes. Das ist nicht immer erwünscht.

 

Beginn und Ende der Vollmacht

Die Vollmacht beginnt in der Regel ab sofort. Die Vollmacht endet, falls sie zu Lebzeiten des Vollmachtgebers nicht widerrufen wurde, mit dem Tod des Vollmachtgebers oder, gilt sie entsprechend den Vorgaben des Vollmachtgebers über den Tod hinaus, mit dem Widerruf der Vollmacht durch die Erben des Vollmachtgebers.

 

Formale Voraussetzungen

Der Vollmachtgeber muss bei Erteilung der Vollmacht geschäftsfähig gewesen sein.  Einfache Schriftform reicht für die Wirksamkeit der Vollmacht aus. Die Vollmacht sollte mit Ort und Datum versehen und eigenhändig unterschrieben sein. Der Bevollmächtigte benötigt für ein Handeln für den Vollmachtgeber die Original-Vollmacht, eine Kopie der Vollmacht reicht nicht aus. Deutlich abzuraten ist von den gerne als Muster verwendeten Ankreuz-Texten. Die Akzeptanz ist im Rechtsverkehr nicht immer gewährleistet.

Es ist ebenso dringend davon abzuraten, ein Blankmuster aus dem Internet, ohne vorherige anwaltliche oder notarielle Beratung, zu verwenden. Die Gefahr der Unwirksamkeit einer solchen Vollmacht durch falsches oder unvollständiges Ausfüllen kann nicht ausgeschlossen werden.  Größere Rechtssicherheit gibt eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung durch einen Notar.  Die größte Rechtssicherheit bietet eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht. Es ist zu empfehlen, die Vorsorgevollmacht gegen eine geringe Gebühr im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) der Bundesnotarkammer zu registrieren. 

 

Änderungen zum 01.01.2023

Entgegen weitverbreiteter Ansicht sind Ehegatten und nahe Familienangehörige nicht automatisch vertretungsberechtigt.

Ab dem 01.01.2023 haben Ehegatten in Gesundheitsangelegenheiten, und nur in Gesundheitsangelegenheiten, für die Dauer von 6 Monaten ein Notvertretungsrecht – verlängert werden kann dies Notvertretungsecht nicht.  Es gilt nicht für andere Angehörige, sondern nur für Eheleute. Nach Ablauf der 6 Monate wird vom Gericht, fehlt es an einer wirksamen Vorsorgevollmacht, ein Betreuer bestellt.

Bislang konnte man gegen eine geringe Gebühr die Unterschriftsbeglaubigung auf der Vorsorgevollmacht bei einer Betreuungsbehörde durchführen lassen. Die Beglaubigungswirkung dieser von den Betreuungsbehörden beglaubigten Vollmachten wird ab dem 01.01.2023 auf die Lebenszeit des Vollmachtgebers begrenzt selbst wenn der Vollmachtgeber die Bevollmächtigung über den Tod hinaus festgelegt hatte. Dies gilt auch für bereits existierende, von Betreuungsbehörden beglaubigte Vollmachten. 

 

Betreuungsverfügung 

Eine Vorsorgevollmacht hat den Zweck, die Anordnung einer gerichtlich angeordneten Betreuung zu vermeiden. Jedoch kann es trotz Vorliegen einer Vorsorgevollmacht Situationen geben, wo die konkrete Vollmacht nicht ausreicht, den Vollmachtgeber wirksam zu vertreten. In einer guten Vorsorgevollmacht ist eine Betreuungsverfügung stets implementiert, sodass diese unvorhergesehene Situation, die mit der Vorsorgevollmacht nicht geregelt werden kann, im Sinne des Vollmachtgebers über die Betreuungsverfügung gelöst werden kann.

Eine Betreuungsverfügung enthält den an das Betreuungsgericht gerichteten Vorschlag zur Person des Betreuers. Ebenso gut kann notiert werden, wer auf keinen Fall zum Betreuer bestimmt werden soll.

Für Alleinstehende ohne eine Vertrauensperson reicht in der Regel eine Betreuungsverfügung aus. Die Qualifikation eines Betreuers kann jedoch umschrieben und Wünsche hinsichtlich einer besonderen Qualifikation geäußert werden.

Im Falle einer Betreuungsbedürftigkeit bestimmt das Betreuungsgericht, entsprechend den vorher in der Betreuungsverfügung definierten Wünschen, den Betreuer. Die Aufgaben des Betreuers werden seitens des Gerichts klar umschrieben. Er wird regelmäßig vom Gericht kontrolliert und hat jährlich gegenüber dem Gericht Rechenschaft abzulegen.

 

Beginn und Ende der Betreuungsverfügung

Die Betreuung beginnt mit der Bestellung des Betreuers durch das Gericht. Die Vollmacht endet, falls sie zu Lebzeiten des zu Betreuenden nicht durch das Gericht wieder aufgehoben wurde, mit dem Tod des zu Betreuenden. Ab dem Tod sind grundsätzlich die Erben zuständig. Ausnahmen hiervon bilden unaufschiebbare Eilmaßnahmen.

 

Formale Voraussetzungen

Einfache Schriftform reicht für die Wirksamkeit der Verfügung aus. Die Verfügung sollte mit Ort und Datum versehen und eigenhändig unterschrieben sein.
Änderungen und Ergänzungen sollten stets mit Ort, Datum und eigenhändiger Unterschrift sichtbar gemacht werden.

Es wird eine Vielzahl an Mustern zur Verfügung gestellt. Doch auch hier ist deutlich von den als Muster verwendeten Ankreuz-Texten abzuraten. Durch ein falsches Ausfüllen / Ankreuzen kann die Verfügung unvollständig oder widersprüchlich werden mit der unerwünschten Folge der Unwirksamkeit der ganzen Verfügung.

Die Betreuungsverfügung kann ebenso wie die Vorsorgevollmacht gegen eine geringe Gebühr im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) der Bundesnotarkammer registriert werden. Alternativ ist auch das Aufbewahren bei einem Rechtsanwalt oder Notar, dem Hausarzt oder einer anderen Vertrauensperson denkbar. Die Verfügung muss natürlich stets auffindbar sein.

 

Patientenverfügung 

Ein Arzt darf einen Kranken grundsätzlich nur dann behandeln, wenn dieser in den ärztlichen Eingriff eingewilligt hat. Solange der Patient einwilligungsfähig ist, entscheidet er selbst, ob und wie er behandelt werden möchte. Für den Fall, dass der Patient jedoch nicht mehr einwilligungsfähig ist, kann er den behandelnden Ärzten in einer Patientenverfügung Vorgaben für konkrete Behandlungssituationen machen. Er kann individuell festlegen, ob und ggf. welche Behandlungen, Untersuchungen oder Eingriffe in einer bestimmten Lebens- und Behandlungssituation vorgenommen oder unterlassen werden sollen. Eine Patientenverfügung betrifft somit das „ob“ und das „wie“ einer medizinischen Behandlung mit den Behandlungswünschen des Verfügenden unter Berücksichtigung seiner eigenen Wertvorstellungen.

 

Nahe Angehörige sind nicht automatisch berechtigt, für den Patienten Entscheidungen zu treffen. Zudem sollten nahe Angehörige davor bewahrt werden, für den Kranken schwerwiegende, zum Teil unumkehrbare Entscheidungen zu treffen.

Ein typischer Katalog beinhaltet folgende Maßnahmen: lebenserhaltende Maßnahmen, Schmerz- und Symptombehandlung, künstliche Ernährung und Flüssigkeitszufuhr, künstliche Beatmung, Wiederbelebungsmaßnahmen, Medikamentengabe, Blutspenden. Eine rechtswirksam erstellte Patientenverfügung ist verbindlich. Ärzte, Pflegepersonal, Angehörige und Bevollmächtigte sind hieran gebunden.

Die Patientenverfügung kann jederzeit formlos widerrufen werden. Dies kann also schriftlich oder mündlich, aber auch durch schlüssiges Verhalten (Kopfschütteln, Kopfnicken) geschehen. Hierfür muss der Kranke allerdings einwilligungsfähig sein. Der Verfügende kann selbst bestimmen, wann und wie lange die Patientenverfügung gelten soll – in der Regel ab sofort und bis zum Eintritt des Todes.

 

Formale Voraussetzungen

Nur Volljährige können eine wirksame Patientenverfügung errichten.
Einfache Schriftform reicht für die Wirksamkeit der Verfügung aus. Die Verfügung sollte mit Ort und Datum versehen und eigenhändig unterschrieben sein.
Änderungen und Ergänzungen sollten stets mit Ort, Datum und eigenhändiger Unterschrift sichtbar gemacht werden. In regelmäßigen Abständen sollte die Verfügung auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin überprüft werden. Die Prüfung ist dann mit Datum und Unterschrift zu bestätigen.

Es wird eine Vielzahl an Mustern zur Verfügung gestellt. Doch auch hier ist deutlich von den als Muster verwendeten Ankreuz-Texten abzuraten.

 

Änderungen zum 01.01.2023

Ab dem 01.01.2023 kann die Patientenverfügung – isoliert – gegen eine geringe Gebühr im Zentralen Vorsorgeregister (ZVR) der Bundesnotarkammer zu registriert werden. Alternativ ist auch das Aufbewahren bei einem Hausarzt oder einer anderen Vertrauensperson denkbar. Die Verfügung muss natürlich auch auffindbar sein.

 

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Hinweis

Bestehende Vollmachten sind unbedingt auf ihre uneingeschränkte Wirksamkeit – über den 31.12.2022 hinaus – zu überprüfen. Bitte wenden Sie sich an einen Rechtsanwalt oder Notar Ihres Vertrauens.


Herfurth & Partner bietet einen Notfallausweis in Scheckkartenformat, der Hinweise auf Ihre Vorsorgeregelungen einschließlich der Auffindbarkeit enthält.
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