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Hannover, 19.04.2021 | Die sich rasch verändernde Arbeitswelt erfordert oftmals die Änderung der vertraglich vereinbarten Arbeitsbedingungen. Insbesondere die Corona-Pandemie wirkt sich auf das Arbeitsverhältnis aus und fordert Anpassungen.

Eine Änderungskündigung ist eine Option, einem Mitarbeiter zu kündigen und zudem die Fortsetzung der Tätigkeit zu abgeänderten Bedingungen anzubieten, um sich den veränderten Anforderungen anzupassen.

Änderungskündigung von Mitarbeitern

Stephanie Reese, Rechtsanwältin in Hannover

Allgemeines

  • 2 KSchG regelt die Änderungskündigung. Kann der Arbeitgeber die Arbeitsbedingungen nicht durch sein Direktionsrecht ändern, ist eine Änderungskündigung zulässig. Eine Änderungskündigung ist ebenso ein geeignetes Mittel, um Inhalte in Einzelarbeitsverträgen zu ändern, wenn eine einvernehmliche Regelung nicht zustande kommt. Ist eine ordentliche Kündigung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen, eines anzuwendenden Tarifvertrags oder einzelvertraglicher Vereinbarung ausgeschlossen, so gilt dies auch für die Änderungskündigung.

Stimmt der Arbeitnehmer dem Änderungsangebot zu, gelten die neuen Arbeitsbedingungen nach Ende der Kündigungsfrist. Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot hingegen ab, entfaltet die arbeitgeberseitige Erklärung die Wirkung einer Beendigungskündigung.

Die Änderungskündigung ist daher ein aus zwei Willenserklärungen zusammengesetztes Rechtsgeschäft. Sie besteht aus zwei Elementen:

  • der Kündigung des Arbeitsvertrags

und

  • dem Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Arbeitsbedingungen fortzusetzen.

Als milderes Mittel ist eine Änderungskündigung einer „normalen“ Beendigungskündigung vorzuziehen. Der Arbeitgeber muss wie bei einer ordentlichen Beendigungskündigung auch bei der ordentlichen Änderungskündigung alle Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung erfüllen. Findet das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, ist die Änderungskündigung nur rechtmäßig, wenn sie durch personen-, verhaltens- oder betriebsbedingte Gründe sozial gerechtfertigt ist. Ebenso ist der besondere Kündigungsschutz anwendbar, sodass zu prüfen ist, ob der Arbeitnehmer beispielsweise schwerbehindert ist.

 

Die Kündigung und das Änderungsangebot können auf verschiedene Weise miteinander verknüpft werden. Der Arbeitgeber kann

  • eine unbedingte Kündigung erklären und daneben die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen anbieten, oder
  • eine bedingte Kündigung aussprechen, wobei die Bedingung in der Ablehnung des Änderungsangebots durch den Arbeitnehmer liegt.

 

Spricht der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Änderungskündigung aus, kündigt also das Arbeitsverhältnis und bietet dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist.

Diesen Vorbehalt muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.

Arbeitnehmer, die die Änderungskündigung für unwirksam halten, können gegen diese mit einer Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht insgesamt vorgehen oder das Angebot des Arbeitgebers unter dem Vorbehalt annehmen, dass die vorgeschlagene Änderung nicht sozial gerechtfertigt ist.

Entscheidet das Gericht, dass die Kündigung sozial nicht gerechtfertigt war, bleibt es bei den ursprünglichen Arbeitsbedingungen.

Entscheidet das Gericht demgegenüber, dass die Kündigung gerechtfertigt war, gelten nach Ablauf der Kündigungsfrist die angebotenen Arbeitsbedingungen.

 

Fristlose Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit 

Der Gesetzgeber sieht die Einführung von Kurzarbeit bei einem erheblichen Arbeitsausfall vor, wie er auch durch die Corona-Pandemie bereits verursacht wurde. Hierdurch sollen die wirtschaftlichen Folgen abgeschwächt werden.

Kurzarbeit kann allerdings nur eingeführt werden, wenn

  • der Arbeitsausfall bewirkt, dass mindestens 10 % der Belegschaft von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoeinkommens betroffen sind,
  • die Möglichkeit der Vereinbarung von Kurzarbeit in einer Betriebsvereinbarung oder im Arbeitsvertrag vorgesehen wurde.

 

Die Einführung von Kurzarbeit in Folge der Corona-Pandemie erfolgt in vielen Fällen einvernehmlich. Sind allerdings Arbeitgeber auf die Zustimmung des einzelnen Arbeitnehmers angewiesen, weil arbeitsvertraglich die Einführung von Kurzarbeit nicht vereinbart ist oder die Betriebsvereinbarung die Anordnung nicht hergibt, sind Arbeitgeber auf die Zustimmung jedes einzelnen Arbeitnehmers angewiesen.

Wird diese nicht erteilt, kann der Arbeitgeber eine Änderungskündigung aussprechen, um die Kurzarbeit zu erzwingen. In diesem Fall kann der Arbeitnehmer nach Ausspruch der Änderungskündigung also nur weiterarbeiten, wenn er der Kurzarbeit zustimmt oder aber er muss mittels Kündigungsschutzklage gegen die Änderungskündigung vorgehen.

Das Problem bei Ausspruch der Kündigung: Für viele Mitarbeiter gelten lange Kündigungsfristen. In der Pandemie ist das Erfordernis nach einer schnellen Anpassung an die Situation aber zu akut, um die Kurzarbeit erst nach einigen Monaten einzuführen. Daher stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber einseitig und in Anbetracht der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit Kurzarbeit mittels außerordentlicher Änderungskündigung rechtswirksam einführen kann. Das Arbeitsgericht Stuttgart hatte dies zu entscheiden.

  

Arbeitsgericht Stuttgart, Urteil v. 22. Oktober 2020 – 11 Ca 2950/20

 In dem von dem Arbeitsgericht Stuttgart zu entscheidendem Fall gab es zwischen Arbeitgeberin und Arbeitnehmerin keine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit, sodass die Arbeitgeberin der Arbeitnehmerin eine einvernehmliche Anpassung anbot. Die Arbeitnehmerin lehnte die Anpassung ab, woraufhin ihr die Arbeitgeberin fristlos kündigte und zeitgleich die Weiterbeschäftigung in der Form anbot, dass in dem Arbeitsvertrag eine Regelung aufgenommen wird, die der Arbeitgeberin die Anordnung von Kurzarbeit ermöglicht. Die Arbeitnehmerin nahm die Änderung unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Prüfung an, erhob also Kündigungsschutzklage.

Das Arbeitsgericht gab der Arbeitgeberin recht. Die Änderungskündigung sei gerechtfertigt, weil in einem erheblichen Arbeitsausfall ein dringendes betriebliches Erfordernis liege. Der Ausspruch der Änderungskündigung sei in diesem Fall das mildeste Mittel gewesen, um auf den erheblichen Arbeitsausfall zu reagieren, da die Arbeitnehmerin die einvernehmliche Anpassung des Vertrages zuvor abgelehnt hatte.

Das Arbeitsgericht entschied, dass die Kündigung fristlos habe ergehen dürfen, da ein Verweis auf gegebenenfalls längere Kündigungsfristen im Falle einer ordentlichen Kündigung eine sinnvolle Nutzung von Kurzarbeit unmöglich machen würde.

 

Homeoffice als milderes Mittel zur Änderungskündigung

Die Änderungskündigung kann grundsätzlich notwendig sein, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer entgegen der Regelung im Arbeitsvertrag einem anderen Arbeitsort zuweisen will. Sie könnte allerdings unwirksam sein, wenn der Mitarbeiter wegen Corona auch im Homeoffice anstelle seines bisherigen Arbeitsortes arbeiten könnte. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschied hierüber.

 

Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.03.2021 – 4 Sa 1243/20 

Der Entscheidung des Gerichts, ob die grundsätzliche Möglichkeit der Arbeit aus dem Homeoffice ein milderes Mittel ist, das dem Arbeitnehmer vor dem Ausspruch einer Änderungskündigung angeboten werden muss, lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Arbeitgeberin mit Sitz in Wuppertal hat mehrere Niederlassungen. Die Arbeitnehmerin war seit vielen Jahren Vertriebsassistentin in der Niederlassung in Berlin. Bei der Arbeitgeberin existierte eine Teleoffice-Richtlinie, nach der Telearbeit alternativ zum Arbeitsplatz in der Zentrale oder einer der Niederlassungen möglich war.

Die Arbeitgeberin entschied sich sodann, die Niederlassung in Berlin stillzulegen. Die Tätigkeit der Vertriebsassistenz sollte künftig nur noch in der Zentrale in Wuppertal ausgeübt werden.

Die Arbeitgeberin sprach der Arbeitnehmerin eine ordentliche Änderungskündigung aus und bot die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit Arbeitsort in Wuppertal zu den gleichen Arbeitsbedingungen an. Die Arbeitnehmerin lehnte dies allerdings ab und erhob Kündigungsschutzklage.

Das Landesarbeitsgericht hielt die Änderungskündigung für wirksam, da sachliche Gründe vorlägen, die eine Änderungskündigung rechtfertigen würden. Die unternehmerische arbeitgeberseitige Entscheidung habe zu einer Umstrukturierung des Betriebs geführt. Durch die Stilllegung der Niederlassung in Berlin seien die Beschäftigungsmöglichkeiten weggefallen. Die unternehmerische Entscheidung war weder offensichtlich unsachlich, unvernünftig noch willkürlich.

Es gab auch keine milderen Mittel als die Änderungskündigung, denn die Arbeitgeberin hatte aufgrund der unternehmerischen Entscheidung nur die Möglichkeit, der Arbeitnehmerin eine Beschäftigung in Wuppertal anzubieten. Ein Arbeitsplatz im Homeoffice war unter Berücksichtigung der unternehmerischen Entscheidung kein milderes Mittel, da diese gerade ausschließlich eine Tätigkeit vor Ort vorsah.

 

Fazit

Die Änderungskündigung wird insbesondere aufgrund der fortdauernden Pandemie auch weiterhin eine Rolle spielen.

Im Rahmen der Anordnung von Kurzarbeit soll die außerordentliche fristlose Änderungskündigung allerdings grundsätzlich die Ausnahme bleiben. Beim Thema Kurzarbeit wird nämlich zu berücksichtigen sein, dass der betroffene Arbeitnehmer sicherlich einen gewissen Entgeltausfall – trotz Kurzarbeitergeld durch die Agentur für Arbeit – hinzunehmen hat. Zudem ist fraglich, ob der Arbeitgeber sich tatsächlich auf einen wichtigen Grund berufen kann, wenn er nicht durch umsichtige Gestaltung von Arbeitsverträgen und Betriebsvereinbarungen selbst von Vornherein dafür Sorge getragen hat, Kurzarbeit einzuführen zu können.

Auch die Thematik hinsichtlich des Homeoffice wird weiterhin bedeutsam sein.

Das Angebot eines Homeoffice Arbeitsplatzes ist zumindest dann kein milderes Mittel im Rahmen der Änderungskündigung, wenn es Teil der unterneh-merischen Entscheidung ist, bestimmte Arbeitsplät-ze in der Zentrale des Arbeitgebers zu konzentrieren und für diese Arbeitsplätze gerade kein Homeoffice Arbeitsplatz anzubieten.

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