HP COMPACT  | im November 2011  |
Cord Meyer, Rechtsanwalt in Hannover |

 

Deutsche Konzerne sind zwar seit jeher in Brasilien tätig, aber die Rolle dieses aufstrebenden Landes hat sich spätestens seit der erfolgreichen Umsetzung des Planes „Real“ grundsätzlich verändert: Politische Stabilität und wirtschaftliches Wachstum, das von einer jungen und stark wachsenden, mit Kaufkraft ausgestatteten Bevölkerung getragen wird, machen dieses Land auch für mittelständische Unternehmen interessant. Im Fokus steht jetzt auch der brasilianische Binnenmarkt und nicht mehr nur die Funktion des Rohstofflieferanten für den Weltmarkt. Um optimal das wirtschaftliche Potential Brasiliens ausschöpfen zu können, ist zu überleben, ob deutsche Unternehmen sich mit einer Gesellschaft vor Ort engagieren. Hierbei gilt es einige Besonderheiten zu beachten.

 

Investitionen nach dem Gesetz 4131/62

Die Anforderungen, denen ausländische Investitionen in Brasilien unterliegen, sind im Gesetz 4131/62, das im Laufe der Zeit durch weitere Gesetze ergänzt wurde, geregelt. Es dient dem Zweck, den Außenwirtschaftsverkehr Brasiliens zu kontrollieren. Die Regelung stammt noch aus einer Zeit, da das Wohl und Wehe Brasiliens in viel stärkerem Maße von Zu- und Abfluss ausländischen Kapitals abhing als heute. Der gegenwärtige Außenhandelsüberschuss Brasiliens kann eben noch nicht  auf eine lange Geschichte zurückblicken.

Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Kontrolle des Devisenverkehrs,  dessen Störung in der Geschichte Brasiliens mehrfach zu wirtschaftlichen Turbulenzen geführt hat. Erwähnt sei besonders der Zusammenbruch des currency peg gegenüber dem USD in den 90-er Jahren.

 

Anforderungen an die Auslandsinvestition

Als Investition wird ein Vorgang qualifiziert, der Vermögensgegenstände in das Hoheitsgebiet Brasiliens einführt, ohne gleichzeitig zu einem – aus brasilianischer Sicht – Devisenabfluss zu führen.

Gebietsausländer

Der Investor – er kann eine natürliche oder eine juristische Person sein – muss Gebietsausländer sein. Durch diese Anforderung soll sichergestellt werden, dass tatsächlich ein Zufluss von außen erfolgt, ohne dass zugleich ein äquivalenter Betrag an Devisen abfließt. Bei juristischen Personen ist ausreichend, wenn entweder der rechtliche oder der tatsächliche Sitz sich im Ausland befindet.

 

Zuflussprinzip

Die Investition gilt in dem Moment als erfolgt, da das Investitionsgut (Kapital) in den brasilianischen Wirtschaftsraum eingeführt wird (Zuflussprinzip). Dem Zuflussprinzip genügt auch eine Umqualifizierung von Mitteln, die zunächst nicht als Investition nach Brasilien verbracht wurde; z.B.: Import von Maschinen, die zunächst verkauft werden sollten, vor Kaufpreiszahlung aber in eine Gesellschaft in Form der Sacheinlage gebracht werden. Werden diese in Gesellschaftskapital umgewandelt, liegt erst in diesem Moment die Investition vor. Ein Zufluss liegt auch dann vor, wenn z.B. in Brasilien ausgeschüttete Dividenden auf registriertes Kapital reinvestiert werden, wobei die Investition der Mittel nicht  nur in die ausschüttende Gesellschaft sondern auch an Dritte erfolgen kann.

Die Investition muss einem (gebietsansässigen) brasilianischen Rechtsträger – meist eine Gesellschaft – zugeordnet werden.
Die Investition muss einem wirtschaftlich anerkannten Zweck dienen, der in der Produktion oder der Erbringung einer Dienstleistung bestehen kann.

 

Investitionsformen

Die Investitionen könne in verschiedenen Formen vorgenommen werden:

Barinvestition

Die am häufigsten anzutreffende Form der Investition dürfte die Barinvestition sein. Hierzu muss typischerweise ausländische Währung in R$ umgetauscht werden. Dieser Vorgang kann bei jeder zum Devisenhandel zugelassenen Bank vollzogen werden. Eine vorherige Genehmigung ist nicht erforderlich. Ein Nachweis des Devisengeschäfts ist allerdings bei der Registrierung der Investition zu führen. Zu beachten ist, dass das Devisengeschäft bei einem hierzu zugelassenen Kreditinstitut erfolgen muss, einige Transaktionen können sogar nur beim Banco do Brasil (nicht zu verwechseln mit dem Banco Central) vorgenommen werden. Ein Verstoß gegen diese Regelungen ist mit empfindlichen Bußgeldern versehen.

Verfügt der Investor aber bereits (auf einem Gebietsausländerkonto) bei einer Bank in Brasilien über Guthaben in R$, können diese Mittel als Investition deklariert, registriert und an den Rechtsträger der Investition überwiesen werden.

 

Sachinvestition

Sacheinlagen (das Gesetz nennt „Güter, Maschinen und Ausrüstungen“) in eine brasilianische Gesellschaft erfüllen ohne weiteres den Tatbestand der Investition, sofern sie als solche registriert werden. Eine Sacheinlage kann in der Erbringung einer Dienstleistung oder der Überlassung von Markenrechten (intangible assets) bestehen. Zur Bemessung des Wertes des Kapitals wird der Wert des Gutes im Ursprungsland zugrunde gelegt; wird dieser nicht zufriedenstellend nachgewiesen, wird der Buchwert, mit dem das Gut beim brasilianischen Rechtsträger bilanziert wird, angenommen.

 

Eigenkapital und Gesellschafterdarlehen

Auch Gesellschafterdarlehen erfüllen das Tatbestandsmerkmal des „ausländischen Kapitals“, so dass diese zu registrieren sind, obwohl Darlehen, im Gegensatz zum Eigenkapital, dem Rechtsträger nicht dauerhaft zur Verfügung stehen. Daher sind auch Gesellschafterdarlehen zu registrieren. Deren Umwandlung in haftendes Kapital ist daher problemlos möglich. Der Umwandlungsakt als solcher unterliegt spezifischen Anforderungen; zusätzlich ist auch er zu registrieren.

 

Umwandlung von Rücklagen in Kapital / Reinvestition von Gewinnen

Sowohl Rücklagen als auch thesaurierte Gewinne können in Kapital umgewandelt werden, soweit die Rücklagen bei deren Bildung registriert worden sind. Hierauf müssen die Gesellschafter und der Geschäftsführer der brasilianischen Gesellschaft streng achten. Die Registrierung muss innerhalb von 30 Tagen nach dem Beschluss der Gesellschafter über die Gewinnverwendung erfolgen, der die Einstellung eines Teils des Gewinnes in die Rücklagen vorsieht. Auch hier sind verspätete, unvollständige oder falsche Angaben mit einer Buße von bis zu R$ 100.000 bewehrt. Auch ausgeschüttete Gewinne können re-investiert werden; dabei muss das Unternehmen, das die Gewinne erzielt hat, nicht identisch mit demjenigen sein, in das die Investition erfolgt. Die Notwendigkeit einer Registrierung entfällt aber selbst dann nicht, wenn es sich um Dividenden einer brasilianischen Gesellschaft handelt, die von einer ausländischen Gesellschaft kontrolliert wird.

Gesellschafterdarlehen ausländischer Gesellschafter sind in der Bilanz, hiermit verbundene Aufwendungen (Zinsen) in der Gewinn- und Verlustrechnung gesondert auszuweisen.

Royalties

Sollen aufgrund einer in Brasilien vorgenommenen Investition für die Inanspruchnahme gewährter gewerblicher Schutzrechte (z.B. Patente) Royalties gezahlt werden, ist hier eine Bestätigung des zugrundeliegenden Vertrages durch das Departa-mento Nacional de Propriedade Industrial (DNPI) sowie ein Nachweis aus dem Urpsungsland, dass die gewährten Rechte dort nicht erlöschen, erforderlich. Der Betrag fälliger Royalties ist gesetzlich auf 5% des Umsatzes begrenzt. In einzelnen Fällen kann die Grenze auch darunter liegen. Royalties an ausländische Mehrheitsgesellschafter sind ausgeschlossen

 

Thin Capitalisation Rules

Auch in Brasilien gelten seit dem 1.1.2010 thin capitalisation rules  (Medida Provisória No. 472, vom 15. Dezember 2009, später G 12249/10), denen zufolge Zinsen auf Gesellschafterdarlehen nur bis zu einer bestimmten Höchstmaß steuerlich geltend gemacht werden können. Dies dient dem Schutz von brasilianischen Unternehmen vor zu niedriger Eigenkapitalausstattung.

Kern der Regelung ist eine Beschränkung der Höhe ausländischer Gesellschafterdarlehen auf maximal das Doppelte des Eigenkapitals. Diese Schranke gilt auch für die Summe aller Gesellschafterdarlehen durch alle ausländischen Gesellschafter.

 

Registrierung ausländischen Kapitals in Brasilien

Jede Form der Einfuhr ausländischen Kapitals ist bei dem Banco Central do Brasil zu registrieren, da nur dies sicherstellt, dass hieraus spätere Erträge oder das Kapital selbst zu einem späteren Zeitpunkt wieder ins Ausland transferiert (repatriiert) werden können. Zugleich stellt das Gesetz klar, dass die Registrierung des ausländischen Kapitals Voraussetzung für dessen Gleichbehandlung mit inländischem Kapital ist (Diskriminierungsverbot), soweit das Gesetz keine Ausnahmen hiervon vorsieht.

Meldetechnisch wird die Registrierung beim Banco Central do Brasil vollzogen, verwaltungsrechtlich ist die Superintendência da Moeda e do Crédito (SUMOC) für alle mit der Registrierung des ausländischen Kapitals zusammenhängenden Entscheidungen zuständig. Dieser Behörde gegenüber sind die an der Investition beteiligten Unternehmen auskunftspflichtig und für den Fall der Repatriierung alle dafür erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Der SUMOC sind durch das Gesetz 4131/62 weitgehende Eingriffsrechte in der Frage der devisentechnischen Zulässigkeit von Investitionen eingeräumt, die bis zur Möglichkeit der Beschränkung der Ausfuhr auch gesetzeskonform deklarierter Investitionen reichen. Derzeit hat Brasilien allerdings ein historisch bislang unbekanntes Problem: Die Stärke des Real droht die Exportfähigkeit des Landes zu beeinträchtigen.

 

Registrierungsverfahren

Die Registrierung erfolgt über das Electronic Statement of Registration – Foreign Direct Investment Module (RDE-IED) beim Central Bank Information System (SISBACEN). Hierzu ist zunächst eine Registriernummer anzufordern, unter der alle künftigen Änderungen erfasst werden müssen (z.B.: Dividendenzahlungen, Zahlungen von Royalties, Rückzahlung des Kapitals in Ausland, Umwandlung von Rücklagen aus Erträgen in Kapital etc.). Eine Registrierung ist innerhalb von 30 Tagen nach Verbringung des Kapitals nach Brasilien erforderlich. Verantwortlich für die Registrierung sind gemeinsam der Investor wie die Geschäftsführung des brasilianischen Rechtsträgers der Investition. Verspätungen können mit einer Geldbuße von bis zu R$ 100.000 belegt werden, die bei dem Banco Central do Brasil zu zahlen ist.

Die Registrierung hat rein deklaratorischen Charakter; eine Genehmigung, gleich welcher Behörde, ist von Ausnahmen abgesehen, grundsätzlich nicht erforderlich.

 

Sektorale Beschränkungen für ausländische Investitionen

Die brasilianische Verfassung von 1988 sowie nachfolgende Verfassungsänderungen habe zu einer wesentlichen Liberalisierung des Zugangs ausländischen Kapitals in die verschiedenen Branchen geführt, so dass heute nur noch wenige Bereiche entweder überhaupt nicht oder nur eingeschränkt ausländischen Investitionen zugänglich sind.

 

Weitere Informationen

Das brasilianische Außenministerium hat 2007 eine Einführung  in das brasilianische Recht in englischer Sprache veröffentlicht, die einen guten, wenngleich  nicht mehr ganz aktuellen Einblick in das brasilianische Rechtssystem gibt, die unter folgendem link zu finden ist: http://www.brasilglobalnet.gov.br/ARQUIVOS/Publicacoes/Manuais/PUBGuiaLegalI.pdf

Eine umfassende Darstellung speziell des brasilianischen Investitionsrechts gibt Attila Andrade Júnior in seinem englischsprachigen Werk „Guidelines on Brazil’s Foreign Investment Law, 6th Edition; São Paulo, 2004“.

Einen guten Überblick über die Möglichkeiten der Förderung ausländischer Investitionen in Brasilien vermittelt die Internetseite von BrasilGlobalNet:

http://www.brasilglobalnet.gov.br/frmPrincipal.aspx

Zur Klärung der individuellen Fragen empfehlen wir, vor einer Investition im konkreten Einzelfall kompetenten Rat einzuholen.

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